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„Vaterländischer Unterricht” vom 10. Mai 1917

Spätestens 1917 war die Kriegsbegeisterung am Schwinden. Aus Furcht vor der Ausbreitung der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei (USPD), die einen sofortigen Friedensschluss forderte, bemühte sich die deutsche Militärführung, den Soldaten und Bürgern „Aufklärung“ angedeihen zu lassen. Die Armee intensivierte die Propagandamaßnahmen unter den Truppen und führte an der Heimatfront eine Kampagne mit öffentlichen Vorlesungen, Filmen und anderen Formen der Aufklärung.

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In dem jetzt einsetzenden nach jeder Richtung hin entscheidenden Abschnitt des Krieges bildet die Aufrechterhaltung einer opferfreudigen und zuversichtlichen Stimmung in der Bevölkerung die erste Voraussetzung des Erfolges. Die Oberste Heeresleitung hat sich daher entschlossen, die Aufklärungstätigkeit im Inlande im Anschluß an bereits vorhandene Organisationen zu fördern und sie unter Leitung je eines Aufklärungsoffiziers bei den stellv. Generalkommandos einheitlich zusammenzufassen.

Ziel.

Unter unbedingtem Ausschluß politischer Streitfragen will die Aufklärungsstelle des Generalkommandos alle Mittel: Presse, Flugblätter, Flugschriften, Vorträge, Kirche, Schulen, Vereine, Theater, Kino usw. ausnützen, um Klarheit über Ursache und Zweck des Krieges zu verbreiten, der Verhetzung und Verärgerung mancher Kreise mit Erfolg entgegenzuarbeiten, die Zuversicht und Opferwilligkeit der Bevölkerung zu stärken und das Verständnis für die Kriegsereignisse zu erhöhen. Jeder Deutsche muß erkennen lernen, welche Gründe zu diesem Kriege gegen Deutschland geführt haben, daß es um Sein oder Nichtsein des deutschen Volkes geht, und daß wir gerade in den kommenden Monaten durchhalten müssen, um den Siegespreis für dreijährige Opfer und Entbehrungen zu erringen.

Besondere Gesichtspunkte.

Hierfür kommen besonders folgende Gesichtspunkte in Betracht, die gewiß nichts Neues bieten, aber auf dem Gebiete der Aufklärung dürfen wir uns vor Wiederholung nicht scheuen, wir müssen die Wahrheit immer wieder in die Herzen unserer Volksgenossen hämmern: beim Feinde herrschen die gleichen schlechten Ernährungszustände. Sehr zutreffend ist das Wort, daß der Friede nicht gleichbedeutend mit Brot sei. Die Linderung der Ernährungssschwierigkeiten ist nicht von einem baldigen, sondern nur von einem guten Frieden zu erwarten. Nach dem Kriege wird u. a. wegen der schlechten Welternte alle Welt hungern, wir noch am wenigsten. Aber nach einem schlechten Frieden, der uns Kriegsentschädigungen und Gebietsverminderung auferlegen würde, könnte der Arbeiter hohe Lebensmittelpreise nicht bezahlen, die Landwirtschaft könnte nicht neu emporblühen, die vom Feinde beabsichtigten wirtschaftlichen Hemmungen würden nicht beseitigt, unser wirtschaftliches Leben käme nicht wieder in Gang. Infolgedessen ist es nötig, jetzt zu entbehren, um dann im Frieden etwas zu haben. Das gegenseitige Verständnis zwischen Stadt und Land muß gehoben werden. Hier kommen zwei Gesichtspunkte besonders in Frage: die Beeinflussung des Landes, damit es die Not der Stadt und die Notwendigkeit zur Hergabe von Lebensmitteln erkennt und die Beeinflussung der Städter, damit sie verstehen, daß die Leistungsfähigkeit des Landes nicht unbegrenzt ist. Die militärischen Erfolge, die nach dem übereinstimmenden Urteil aller berufenen Stellen entscheidende Tätigkeit unserer U-Boote gerade während der kommenden Monate, die Kenntnis der Bedeutung unserer Hochseeflotte als siegreicher Schutz unserer unversehrten Küsten müssen verwertet werden, um die Stimmung zu heben.

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