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Georg Wilhelm Friedrich Hegel, „Kritik der Verfassung Deutschlands”, unveröffentlichtes Manuskript (1800-1802)

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Das Princip des ursprünglichen deutschen Staats, welches von Deutschland aus auf ganz Europa verbreitet worden ist, war das Princip der Monarchie, eine Staatsmacht unter einem Oberhaupt zur Führung der allgemeinen Angelegenheiten und mit Mitwirkung des Volks, durch seine Abgeordnete, die Form hievon ist selbst an dem was Reichstag heißt, übrig geblieben, aber die Sache ist verschwunden; in dem langen Schwanken Europas zwischen Barbarey und Kultur, in diesem Übergang hat der deutsche Staat diesen Übergang nicht vollbracht, [ . . . ], der Staat hat sich aufgelöst, die Deutschen haben das Mittel zwischen Unterdrükkung und Despotismus – dem, was [sie] Universalmonarchie hiessen, – und der völligen Auflösung nicht zu finden gewußt. [ . . . ]

Wenn alle Theile dadurch gewinnen würden, daß Deutschland zu einem Staat würde, so ist eine solche Begebenheit und wenn sie auch der allgemeinen Bildung gemäß und das Bedürfniß derselben tief und bestimmt gefühlt würde, nie die Frucht der Überlegung gewesen, sondern der Gewalt. Der gemeine Hauffen des deutschen Volks, nebst ihren Landständen, die von gar nicht anderm als von Trennung der deutschen Völkerschafften wissen, und denen die Vereinigung derselben etwas ganz fremdes ist, müßte durch die Gewalt eines Eroberers in Eine Masse versammelt sie müßten gezwungen werden, sich zu Deutschland gehörig zu betrachten.

Dieser Theseus müßte Großmuth haben, dem Volke, das er aus zerstreuten Völkchen geschaffen hätte, einen Antheil an dem was alle betrifft einraümen [ . . . ]




Quelle: Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Schriften und Entwürfe (1799-1808), herausgegeben von Manfred Baum und Kurt Rainer Meist, Hamburg: Felix Meiner Verlag, 1998, S. 58-66, 149-57, 161-78.

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