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Der Schlieffen-Plan (1905)

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müssen nach Möglichkeit verstärkt werden. Noch bieten die Festungsbesatzungen Material zu Neuformationen. Auch kann der süddeutsche Landsturm zur Deckung des Landes links des Rheins, zur Absperrung von Belfort pp. verwendet werden. Eine neue Armee muß gebildet werden, die den Auftrag erhält, gegen die Mosel zwischen Belfort und Nancy vorzugehen, während die 5 Reservekorps des linken Flügels und 2 Landwehrbrigaden Verdun abschließen und die Côtes Lorraines angreifen.

Wenn die Franzosen im Verlauf des Aufmarsches hören, daß die Deutschen am Niederrhein, an der niederländischen und belgischen Grenze sich versammeln, so werden sie an der Absicht des Feindes, auf Paris zu marschieren, nicht zweifeln und sich wohl hüten, entweder mit allen oder den hauptsächlichsten Kräften zwischen Straßburg und Metz vorzugehen oder vollends über den Oberrhein in Deutschland einzufallen. Das würde bedeuten: Die Besatzung verläßt die Festung in dem Augenblick, wo die Belagerung eröffnet werden soll. Tun sie trotzdem das eine oder das andere, so [kann dies den Deutschen nur willkommen sein. Ihre Aufgabe wird dadurch erleichtert. Am vorteilhaftesten würde es für sie sein, wenn die Franzosen zum Einbruch in Süddeutschland den Weg durch die Schweiz wählen wollten. Es wäre dies ein Mittel, uns einen Bundesgenossen zu verschaffen, dessen wir sehr bedürfen, und der einen Teil der feindlichen Streitkräfte für sich in Anspruch nähme.]

Es wird sich für die Deutschen empfehlen, [in allen diesen Fällen] ihren Operationsplan so wenig wie möglich zu ändern. Die untere Mosel zwischen Trier und Koblenz muß indes gesichert, die Strecke zwischen Mosel und Maas in der Höhe von Diedenhofen gesperrt werden. Das deutsche Heer sucht die allgemeine Linie Koblenz—La Fère mit Reserven auf dem rechten Flügel zu erreichen. Das rechte Rheinufer von Koblenz aufwärts wird von rückwärts besetzt. Mit dem rechten Flügel wird angegriffen.

[Gehen die Franzosen über den Oberrhein, so wird ihnen im Schwarzwald Widerstand geleistet. Die von rückwärts heranzuführenden Truppen werden am Main und an der Iller versammelt.]

Die Deutschen können, wenn sie auf ihren Operationen verharren, sich versichert halten, daß die Franzosen schleunigst umkehren werden, und zwar nicht nördlich, sondern südlich von Metz in der Richtung, von welcher die meiste Gefahr droht. Es ist daher geboten, daß die Deutschen auf dem rechten Flügel so stark wie möglich sind, denn hier ist die Entscheidungsschlacht zu erwarten.

Graf Schlieffen



Quelle: Alfred Graf von Schlieffen, „Der Schlieffen-Plan“ (1905), abgedruckt in Gerhard Ritter, Der Schlieffenplan: Kritik eines Mythos. München, 1956, S. 145-60.

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