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Passierscheinabkommen (17. Dezember 1963)

West-Berliner Bürger konnten nach dem Bau der Mauer nicht in den Ostteil der Stadt reisen. Erst nach dem Abschluss von insgesamt vier Passierscheinabkommen war dies in beschränktem Umfang zwischen Ende 1963 und Sommer 1966 möglich. Da erneute Verhandlungen im Dezember 1966 scheiterten, wurde diese Öffnung in der Mauer, außer in dringenden Familienangelegenheiten, wieder geschlossen und blieb bis zur Ratifizierung des Grundlagenvertrages im Jahre 1973 undurchdringbar.

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Berliner Protokoll über die Ausgabe von Passierscheinen an Westberliner für Verwandtenbesuche vom 17. Dezember 1963


I. Berliner Protokoll

Nach einem Meinungsaustausch, der durch einen Brief des Stellvertreters des Vorsitzenden des Ministerrats der DDR, Herrn Alexander Abusch, vom 5. Dezember 1963 an den Regierenden Bürgermeister von Berlin, Herrn Willy Brandt, eingeleitet wurde, sind Staatssekretär Erich Wendt und Senatsrat Horst Korber vom 12. bis 17. Dezember 1963 zu sieben Besprechungen über die Ausgabe von Passierscheinen für Bewohner von Berlin (West) zum Besuch ihrer Verwandten in Berlin (Ost)/Hauptstadt der DDR in der Zeit vom 18. Dezember 1963 bis 5. Januar 1964 zusammengekommen. Ungeachtet der unterschiedlichen politischen und rechtlichen Standpunkte ließen sich beide Seiten davon leiten, daß es möglich sein sollte, dieses humanitäre Anliegen zu verwirklichen. In diesen Besprechungen, die abwechselnd in Berlin (West) und Berlin (Ost)/Hauptstadt der DDR stattfanden, wurde die als Anlage beigefügte Übereinkunft erzielt. Beide Seiten stellten fest, daß eine Einigung über gemeinsame Orts-, Behörden- und Amtsbezeichnungen nicht erzielt werden konnte. Dieses Protokoll mit seiner Anlage wird von beiden Seiten gleichlautend veröffentlicht.

Berlin, den 17. Dezember 1963.

Auf Weisung des Stellvertreters des Vorsitzenden des Ministerrats der DDR gez. Erich Wendt, Staatssekretär.

Auf Weisung des Chefs der Senatskanzlei, die im Auftrage des Regierenden Bürgermeisters von Berlin gegeben wurde: Horst Korber, Senatsrat.


II. Anlage

I: 1. In der Zeit vom 19. Dezember 1963 bis zum 5. Januar 1964 können Einwohner von Berlin (West) mit einem Passierschein ihre Verwandten in Berlin (Ost)/Hauptstadt der DDR besuchen.

2. Als Verwandtenbesuch gilt der Besuch von Eltern, Großeltern, Enkeln, Geschwistern, Tanten und Onkeln, Nichten und Neffen sowie der Ehepartner dieses Personenkreises und der Besuch von Ehegatten untereinander.

3. Staatssekretär Wendt erklärt, Voraussetzung für die Genehmigung von Besuchsanträgen sei, daß der Antragsteller nicht gegen die Gesetze der DDR verstoßen hat.

II: 1. Es werden für die Zeit vom 18. Dezember 1963 bis 4. Januar 1964 Stellen eingerichtet, in denen Antragsformulare ausgegeben, Anträge auf Passierscheine angenommen und solche Passierscheine ausgehändigt werden. Diese Stellen befinden sich im (es folgen die Adressen von Schulen in den 12 Westberliner Verwaltungsbezirken). Die Ausgabe eines Merkblattes an die Antragsteller durch die in Abschnitt II Nr. 4 genannten Angestellten ist freigestellt.

2. Die Stellen sind werktags von 13.00 bis 18.00 Uhr geöffnet. Die Ausgabe der Antragsformulare und die Entgegennahme der Anträge auf Passierscheine erfolgt in der Zeit vom 18. Dezember 1963 bis 3. Januar 1964. Die Ausgabe der Passierscheine erfolgt in der Zeit vom 19. Dezember 1963 bis 4. Januar 1964.

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Quelle: „Berliner Protokoll über die Ausgabe von Passierscheinen an Westberliner für Verwandtenbesuche vom 17. Dezember 1963“, abgedruckt in Ingo von Münch, Hg., Dokumente des geteilten Deutschland. Stuttgart, 1968, S. 395-98.

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