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Bedarfsplanung in der Kritik (1987)

Unter steigendem finanziellen Druck einigten sich die Ministerpräsidenten der Länder im November 1977 darauf, den erwarteten Studentenandrang durch eine weitere Öffnung der Hochschulen aufzufangen, ohne jedoch die für eine größere Studentenzahl notwendigen personellen und baulichen Kapazitäten zu erweitern. Die Probleme der Massenuniversitäten wurden eklatant deutlich.

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Vor zehn Jahren kam es zum Öffnungsbeschluß


Um eine Ausweitung des Numerus clausus in der Bundesrepublik zu verhindern, faßten die Regierungschefs vor genau zehn Jahren einen „Öffnungsbeschluß". Die Hochschulen sollten danach in Zeiten einer „Übernachfrage" bei Studienplätzen in der Lehre „Überlasten" erbringen, also wesentlich mehr Studenten aufnehmen, als eigentlich vorgesehen war. Damit konnte ein Kollaps der Zulassung verhindert werden, freilich nicht selten unter erheblichen Beeinträchtigungen der Ausbildungsqualität wie der Forschung.

Um diesen negativen Auswirkungen gegenzusteuern, haben die meisten Bundesländer – Ausnahmen: die Stadtstaaten Hamburg und Bremen, die punktuell nachbesserten – „Überlastprogramme" beschlossen, zum Teil mit kräftigen Zuwächsen in den letzten Jahren. Nach Feststellungen der Westdeutschen Rektorenkonferenz (WRK) stiegen diese befristeten Sondermittel seit 1982 beispielsweise in Schleswig-Holstein um 500, in Bayern um 200, in Niedersachsen und NRW um jeweils 150 Prozent.

Bei näherem Zusehen ist es jedoch mit den Spendierhosen nicht weit her. Was mit der einen Hand gegeben wurde, wurde vielfach mit der anderen wieder genommen.

So haben nach Erhebungen des Wissenschaftsrats etwa die Universitäten im Bundesvergleich nicht nur 2.4 Prozent ihrer regulären Stellen seit 1980 verloren. Legt man die Preise von 1980 als Basis zugrunde, so sanken seither die den Hochschulen zur Verfügung stehenden laufenden Mittel bundesweit um 4,4 Prozent ab. Die Situation unterscheidet sich freilich von Land zu Land stark. Während einige Regierungen sogar noch etwas zulegten, kürzten andere umso drastischer. Bremen hat dabei, mit einem Minus von 38,8 Prozent, am kräftigsten zugelangt.

Das Fazit der WRK: „Die Entwicklung der Überlastprogramme ist positiv, ihre Finanzierung erfolgt jedoch praktisch aus dem Hochschulhaushalt. Die Überlast muß nicht kostenneutral, sondern mit verminderten Mitteln getragen werden. Darüber hinaus hat die staatliche Seite durch die Bereitstellung entsprechender Mittel ihren Einfluß auf die Hochschulen erheblich verstärkt."



Quelle: Paul Frangols, „Vor zehn Jahren kam es zum Öffnungsbeschluß“, Die Welt, 13. Januar 1987.

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