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Statistischer Bericht über die Entwicklung des Lebensstandards in der Deutschen Demokratischen Republik und in der Bundesrepublik Deutschland (1956)

Das planwirtschaftliche System der DDR ist darauf ausgerichtet, vor allem die Grundbedürfnisse der Bevölkerung zu sichern. Der Bericht der Staatlichen Plankommission der DDR von 1956 macht deutlich, daß die DDR-Bürger für Wohnung, Heizung, Verkehr und die rationierten Grundnahrungsmittel, aber auch Bildung, weniger ausgeben müssen als die Bundesbürger. Nach der Statistik liegen die Löhne über denen Westdeutschlands, die Kaufkraft nur geringfügig darunter. Erhebliche Unterschiede zum Nachteil der DDR ergeben sich aber, wenn man die gesamte Palette der Lebensmittel sowie hochwertigere Konsumgüter wie Autos und Fernseher betrachtet. Hinzu kommen die schlechtere Qualität vieler Waren und die Versorgungsengpässe, die den Alltag der Menschen prägen, sich aber in den Statistiken der Plankommission nur teilweise widerspiegeln.

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Staatliche Plankommission der Deutschen Demokratischen Republik

I. Gesamteinschätzung der Entwicklung des Lebensstandards in der DDR und in Westdeutschland

Unter Lebensstandard ist das Niveau der materiellen und kulturellen Lebenshaltung der Bevölkerung zu verstehen. Der Lebensstandard der Bevölkerung und seine Entwicklung werden durch ein System statistischer Kennziffern charakterisiert. Im vorliegenden Bericht erscheinen insbesondere Kennziffern, die die Entwicklung der materiellen und kulturellen Lebenshaltung der Bevölkerung in der Deutschen Demokratischen Republik und in der Bundesrepublik von 1950 bis 1955 vergleichend beurteilen. Die Auswahl der Kennziffern ist wesentlich von der Möglichkeit einer Vergleichbarkeit der einzelnen Kennziffern der westdeutschen Statistik mit den entsprechenden Angaben der Statistik der DDR abhängig. Aus diesem Grunde ist eine Vollständigkeit der Angaben für alle Jahre und in den einzelnen Gruppierungen nicht in jedem Falle möglich. Beim Vergleich und bei der Beurteilung der statistischen Zahlenreihen ist daher stets auf die methodischen Hinweise zu den einzelnen Tabellen zu achten.
Im folgenden wird zu den einzelnen Kennziffern eine kurze Einschätzung gegeben:

1) Die Entwicklung der Löhne der Industriearbeiter
Die durchschnittlichen Brutto-Stunden-Löhne der Industriearbeiter in der DDR liegen sowohl in der sozialistischen Industrie als auch in der gesamten Industrie über den Löhnen der Industriearbeiter in Westdeutschland. Die Bruttowochenverdienste sind in allen Industriezweigen, mit Ausnahme der Industriezweige Zellstoff und Papier und Polygraphie höher als in Westdeutschland.

2) Die Entwicklung der Wochenarbeitszeit in Westdeutschland
Die durchschnittliche Wochenarbeitszeit der männlichen Industriearbeiter hat im Jahre 1955 die 50-Stundengrenze überschritten. Vergleicht man die Länge der Wochenarbeitszeit mit der Arbeitszeit im Jahre 1938, so hat die Wochenarbeitszeit aller Industriearbeiter in Westdeutschland bereits 1954/55 die Wochenarbeitszeit des Jahres 1938 überschritten.
Dagegen weicht die durchschnittliche Wochenarbeitszeit in der DDR nicht von der 48-Stundenwoche ab.

3) Die Entwicklung der steuerlichen Belastung der Bevölkerung
In der Einkommensgruppe (Brutto) der Lohn- und Gehaltsempfänger
380,-- DM (Steuerklasse II und III)
und 760,-- DM (Steuerklasse I, II und III) pro Monat
sind die Lohnsteuerabzüge in der DDR höher als in Westdeutschland. Die Lohnsteuer pro Kopf der Bevölkerung liegt jedoch in der DDR seit 1951 unter derjenigen Westdeutschlands. 1954 betrug die Lohnsteuer pro Kopf in der DDR 65,-- DM und in Westdeutschland 88,-- DM.
Dagegen liegen die Verbrauchsabgaben pro Kopf der Bevölkerung in der DDR höher als in Westdeutschland.

4) Die Entwicklung der Einzelhandelspreise
Die Einzelhandelspreise insgesamt liegen in der DDR über dem Niveau Westdeutschlands. Eine Ausnahme bilden die Preise für Brenn- und Heizstoffe, sowie für die rationierten Lebensmittel (Fleisch und Fleischwaren, Fette, Zucker und Zuckerwaren, Eier, Vollmilch und Kartoffeln).
Diese rationierten und im Preis gegenüber Westdeutschland wesentlich niedriger liegenden Waren machen in der DDR einen erheblichen %-Satz im Warenbereitstellungsplan aus. [ . . . ]

5) Entwicklung der Lebenshaltungskosten einer 4-köpfigen Arbeiterfamilie
Der gesamte Lebenshaltungskostenindex, bezogen auf die Preise von 1936, liegt in der DDR über dem Index Westdeutschlands. Die Entwicklung in den einzelnen Warenhauptgruppen ist jedoch unterschiedlich. Die Ausgaben in der DDR für die Warengruppe „Ernährung“, „Genußmittel“, „Bekleidung und Reparaturen“ und „Hausrat“ liegen über den Ausgaben einer westdeutschen 4-köpfigen Arbeiterfamilie zum Ankauf der gleichen Warenmenge.
Für Ernährung liegen die Ausgaben (es werden für die DDR und Westdeutschland stets gleiche Warenmengen zugrunde gelegt) um 22,1% höher als in Westdeutschland, gegenüber dem Preisniveau von 1936; für Genußmittel um 16,7%; für Bekleidung und Reparaturen um 86,2 % und für Hausrat um 50,3%.
Umgekehrt ist es bei den Warenhauptgruppen und Leistungen „Wohnung“, „Heizung und Beleuchtung“, „Reinigungs- und Körperpflege“, „Bildung und Unterhaltung“ und „Verkehr“.
Bezogen auf die Preisbasis von 1936 sind in Westdeutschland die Preise für Wohnungen um 15,3% höher als in der DDR, für Heizung und Beleuchtung um 72%, Für Reinigung und Körperpflege um 7,6%, für Bildung und Unterhaltung um 28,1% und die Verkehrstarife um 2,8%.
Bei der Beurteilung des Lebenshaltungskostenindex ist zu beachten, daß die der Berechnung zugrunde liegenden Waren die z.T. erheblichen Qualitätsunterschiede unberücksichtigt lassen, die zwischen den Erzeugnissen der DDR und Westdeutschland bestehen.

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