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Zwei Gelöbnisse zur Jugendweihe (1955/1958)

Staat und Evangelische Kirche kämpfen in den fünfziger Jahren in der DDR um Einfluß auf die ostdeutschen Jugendlichen. Die SED-Regierung schränkt mit Zwangsmaßnahmen die kirchliche Jugendarbeit ein, bemüht sich aber zugleich auch um attraktive Gegenangebote für die Jugendlichen. Ein Teil dieser Bemühungen ist die Etablierung einer säkularen, auf das Bekenntnis zum Sozialismus ausgerichteten feierlichen „Jugendweihe“ für Jugendliche im Alter von 14 Jahren in der DDR. Die Idee der Jugendweihe als Ersatz für die protestantische Konfirmation und die katholische Firmung geht auf das neunzehnte Jahrhundert zurück und ist bereits in der Weimarer Republik in der Arbeiterschaft populär. Die SED lehnt sie 1950 zunächst ab, ändert aber unter sowjetischem Druck 1953 ihre Haltung. Die erste große Jugendweihe findet im März 1955 in Ost-Berlin statt.

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Das Gelöbnis zur Jugendweihe (1955)

Liebe Freunde!
Erheben wir uns von unseren Plätzen! Die Jugend will jetzt ihr feierliches Gelöbnis ablegen. Sie soll mit dem Wissen und Können, das sie sich unter dem Schutz und mit Hilfe der Gemeinschaft des ganzen Volkes erworben hat und erwerben wird, dem Frieden der Welt, der Einheit unseres Vaterlandes und dem Aufbau des Sozialismus dienen. Liebe junge Freunde! Seid ihr bereit, alle eure Kräfte einzusetzen, um gemeinsam mit allen friedliebenden Menschen den Frieden zu erkämpfen und ihn bis zum äußersten zu verteidigen?
Die Jugendlichen: Ja, das geloben wir.
Seid ihr bereit, alle eure Kräfte einzusetzen, um gemeinsam mit allen Patrioten für ein einheitliches, friedliebendes, demokratisches und ein unabhängiges Deutschland zu kämpfen? Die Jugendlichen: Ja, das geloben wir.
Seid ihr bereit, alle eure Kräfte einzusetzen für den Aufbau eines glücklichen Lebens, für den Fortschritt in Wirtschaft, Wissenschaft und Kunst?
Die Jugendlichen: Ja, das geloben wir.
Wir haben euer Gelöbnis vernommen. Nehmt nun das Versprechen der Gemeinschaft aller Schaffenden unseres Volkes entgegen, euch zu schützen, zu fördern, zu helfen, damit ihr das hohe Ziel, das ihr euch gestellt habt, erreichen werdet.



Das Gelöbnis zur Jugendweihe (1958)

Liebe junge Freunde!
Seid Ihr bereit, als treue Söhne und Töchter unseres Arbeiter-und-Bauern-Staates für ein glückliches Leben des ganzen deutschen Volkes zu arbeiten und zu kämpfen, so antwortet mir:
Ja, das geloben wir!
Seid Ihr bereit, mit uns gemeinsam Eure ganze Kraft für die große und edle Sache des Sozialismus einzusetzen, so antwortet mir:
Ja, das geloben wir!
Seid Ihr bereit, für die Freundschaft der Völker einzutreten und mit dem Sowjetvolk und allen friedliebenden Menschen der Welt den Frieden zu sichern und zu verteidigen, so antwortet mir: Ja, das geloben wir!
Wir haben Euer Gelöbnis vernommen, Ihr habt Euch ein hohes und edles Ziel gesetzt. Ihr habt Euch eingereiht in die Millionenschar der Menschen, die für Frieden und Sozialismus arbeiten und kämpfen. Feierlich nehmen wir Euch in die Gemeinschaft aller Werktätigen in unserer Deutschen Demokratischen Republik auf und versprechen Euch Unterstützung, Schutz und Hilfe.
Mit vereinten Kräften – vorwärts!



Quelle: H.G. Koch, Staat und Kirche in der DDR. Stuttgart: Quell Verlag, 1974, S. 234ff; abgedruckt in Christoph Kleßmann, Hg., Zwei Staaten, eine Nation. Deutsche Geschichte 1955-1970. Göttingen, 1988, S. 573.

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