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L. von Rohden: Auszüge aus Geschichte der Rheinischen Missions-Gesellschaft (1857)

Dieser Auszug aus L. von Rohdens Geschichte der Rheinischen Missions-Gesellschaft (1857) beschreibt die Missionstätigkeit der „Erweckten“, einer Bewegung wiedergeborener Christen, unter „Heiden“ und Juden in den westdeutschen Industriestädten Elberfeld und Barmen, wo diese Art protestantischer Frömmigkeit aus bescheidenen Anfängen kräftig aufblühte. Die Erweckungsbewegung stellte die biblische Offenbarung über die menschliche Vernunft und verwarf den rationalistischen Protestantismus ebenso wie das Gedankengut der Französischen Revolution.

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Erster Abschnitt.
Die Missions-Gesellschaft in der Heimath.

Vorgeschichte.

Wie der deutsche Weserstrom Dasein und Namen empfängt durch den Zusammenfluß der beiden Ströme, die bei Münden ihre Wasser vermischen, so verdankt die Rheinische Missions-Gesellschaft ihre Entstehung dem Zusammentritte zweier bedeutender Local-Missions-Vereine, die, verstärkt durch mehrere Nebenvereine, i. J. 1828 ihre Kräfte und Gaben vereinigten, um fortan ein gemeinsames Werk im Namen Gottes zu beginnen. Es waren das die Elberfelder und die Barmer Missions-Gesellschaft. Die erste hatte bereits eine lange Reihe von Jahren hinter sich, denn sie war schon 1799 begründet; die andere, bedeutend jünger, bestand erst seit 1818. Sehen wir uns die Geschichte beider Gesellschaften etwas näher an.

Die Anfänge der Elberfelder Missions-Gesellschaft liegen in einer öden und stürmischen Zeit, in welcher der Glaube weit und breit erstorben und die Liebe erkaltet war, während die Revolutionsstürme von Frankreich her unser deutsches Vaterland mit giftigem Hauche erfüllten. In der evangelischen Kirche Deutschlands herrschte der starre Tod. In den untersten Schichten des Bürger- und Bauernstandes fand sich wohl noch eine ehrenfeste Frömmigkeit, aber die Vornehmen waren meist aufgeklärte Leute, die über den veralteten Aberglauben lächelten. Da faßte zuerst der Senior Dr. Urlsperger zu Augsburg den Gedanken einer Verbindung aller zerstreuten Kinder Gottes zu einer „deutschen Christenthumsgesellschaft." Die erste Erscheinung eines freien christlichen Vereins auf deutschem Boden, welcher über alle Schranken der Kirchen, Confessionen und Parochialgrenzen hinaus sich die Hand reicht, um einen gemeinsamen Zweck ohne Vermittelung der angestellten Geistlichen und Kirchenbehörden zu verfolgen. Wie viele christliche Vereine sind nach diesem Muster später gegründet, zum Theil aus ihm hervorgegangen! Die Aufgabe, welche die Christenthumsgesellschaft sich stellte, war die Erhaltung der reinen Lehre und eines christlichen Lebenswandels. Die Mitglieder sollten sich gegenseitig stärken im Glauben und Bekenntniß, sie verbanden sich zu regelmäßigem Gebet, gewissenhafter Heilighaltung des Sonntags, zur Aufrechthaltung des häuslichen Gottesdienstes, zur strengen Zucht und Selbstprüfung. Wo nur immer Personen sich fänden, „die Freude an dem Evangelium Jesu haben, ihn als ihren Gott und Herrn, einigen Mittler und Seligmacher anerkennen, ihm anhangen, folgen und durch ihn selig werden wollen, und die sich gern mit wahren Christen verbinden möchten, die Reinigkeit der Lehre und die Gottseligkeit des Lebens zu erhalten", die sollten in dieser Gesellschaft Aufnahme finden können. In London und Basel fand dieser Plan sofort Beifall. An beiden Orten errichtete man einen engeren Ausschuß, der sich am Anfang jeden Monats versammelte, die eingelaufenen Briefe und Aufsätze durchging, über wichtige Wahrheiten sich unterhielt, und alles Merkwürdige der Session den übrigen Mitgliedern in einem Protokoll mittheilte. In vielen deutschen Städten – von Stuttgart bis nach Magdeburg und Berlin hin – wurden gleiche Gesellschaften errichtet. Alle standen unter einander und mit Basel als ihrem Mittelpunkt in enger Verbindung. Dorthin schickten sie ihre Berichte und Protokolle, und von dort wurde der umfassende allgemeine Bericht oder das Hauptprotokoll wiederum allen einzelnen Gesellschaften mitgetheilt.

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