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Otto Meissners Protokoll des zweiten Treffens zwischen Hitler und Hindenburg (13. August 1932)

Die Reichstagswahlen vom Juli 1932 bescherten den Nationalsozialisten einen bedeutenden Sieg. Die Nationalsozialisten erhielten 37% der Stimmen: mehr als jede andere Partei, aber immer noch immer ein Stück entfernt von der absoluten Mehrheit. Anstatt diese neu gewonnenen Sitze zu nutzen, um die Papen-Regierung zu unterstützen, versuchte Hitler, seine eigene nationalsozialistische Regierung zu bilden. Hitler erhob Anspruch auf die Kanzlerschaft und verlangte, Schlüsselposten im Kabinett mit Nationalsozialisten zu besetzen. Papen lehnte Hitlers Vorschlag sofort ab. Er selbst war jedoch nicht in der Lage, eine mehrheitsfähige Regierung im Reichstag zu stellen. Letztendlich lag die politische Macht bei Präsident Hindenburg, der sich auf den Artikel 48 der Weimarer Verfassung berief und auf sein Recht, den Kanzler zu ernennen. Im Unterschied zu seinem Vorgänger Brüning konnte Papen auf die Unterstützung des Staatspräsidenten zählen. Bei ihrem Treffen am 13. August 1932 weigerte sich Hindenburg, sich von Hitler umstimmen zu lassen. Hitlers missglückter Griff nach der Kanzlerschaft führte zu einer immer stärkeren Ablehnung der Papen-Regierung durch die nationalsozialistische Opposition, stellte jedoch gleichzeitig einen herben Rückschlag für die Bewegung dar.

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Anwesend waren: Der Herr Reichspräsident [Hindenburg], Reichskanzler [Franz] von Papen, Staatssekretär Dr. [Otto] Meissner, Adolf Hitler, Abgeordneter Staatsminister Dr. [Wilhelm] Frick, Hauptmann a.D. [Ernst] Röhm.

Der Herr Reichspräsident eröffnete die Besprechung damit, daß er Herrn Hitler erklärte, er sei bereit, die nationalsozialistische Partei und ihren Führer Hitler an der Reichsregierung zu beteiligen und würde ihre Mitarbeit willkommen heißen. Er richtete nunmehr an Herrn Hitler die Frage, ob er bereit sei, sich an der gegenwärtigen Regierung von Papen zu beteiligen. Herr Hitler erklärte, aus den Gründen, die er heute Vormittag bereits dem Herrn Reichskanzler ausführlich dargelegt habe, käme für ihn eine Beteiligung und Mitarbeit an der bestehenden Regierung nicht in Frage. Bei der Bedeutung der nationalsozialistischen Bewegung müsse er die Führung einer Regierung und die Staatsführung in vollem Umfange für sich und seine Partei verlangen.

Der Herr Reichspräsident erklärte hierauf mit Bestimmtheit, auf diese Forderung müsse er mit einem klaren „Nein“ antworten. Er könne es vor Gott, seinem Gewissen und dem Vaterlande nicht verantworten, einer Partei die gesamte Regierungsgewalt zu übertragen, noch dazu einer Partei, die einseitig gegen Andersdenkende eingestellt wäre. Es sprächen hiergegen auch eine Reihe anderer Gründe, die er nicht einzeln ausführen wolle, wie die Besorgnis vor größeren Unruhen, die Wirkung für das Ausland usw.

Herr Hitler wiederholte, dass für ihn jede andere Lösung ausgeschlossen wäre.

Der Herr Reichspräsident bemerkte hierauf: Sie werden also dann in Opposition gehen?

Herr Hitler: Es bleibt mir jetzt nichts anderes übrig.

Der Herr Reichspräsident: „Dann richte ich an Sie noch die Mahnung, diese Opposition ritterlich zu führen und sich Ihrer Verantwortung und Ihrer Pflicht vor dem Vaterlande bewusst zu bleiben. Ich habe keine Zweifel an Ihrer Vaterlandsliebe gehabt. Gegen etwaige Terror- und Gewaltakte, wie sie auch leider von Mitgliedern der SA-Abteilungen verübt worden sind, werde ich mit aller Schärfe einschreiten. Wir sind ja beide alte Kameraden und wollen es bleiben, da später uns der Weg doch wieder zusammenführen kann. So will ich Ihnen denn auch jetzt kameradschaftlich die Hand reichen.“

An die Besprechung schloss sich dann noch im Korridor eine kurze Aussprache zwischen den Herrn Reichskanzler und mir, dem Herrn Hitler und seinen Begleitern, in der Herr Hitler sich dahin äußerte, die weitere Entwicklung würde doch unaufhaltsam zu der von ihm vorgeschlagenen Lösung führen. Die Regierung würde in eine schwierige Lage kommen; die Opposition werde sehr scharf werden und er übernehme keine Verantwortung für die Folgen, die sich ergeben.

Dauer der Besprechung etwa 20 Minuten.



Quelle: Walther Hubatsch, Hindenburg und der Staat. Gottingen: Musterschmidt Verlag, 1966, S. 338.

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