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Die Bundesministerin für Forschung und Bildung, Edelgard Bulmahn, schlägt ein Ganztagsschulprogramm vor (13. Februar 2003)

Als Reaktion auf die PISA-Ergebnisse initiiert die sozialdemokratische Bildungsministerin Edelgard Bulmahn ein Bundesprogramm im Umfang von vier Milliarden Euro für den Ausbau von Ganztagsschulen.

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Bundesministerin für Bildung und Forschung Bulmahn zum Zukunftsprogramm Bildung und Betreuung für Ganztagsschulen vor dem Deutschen Bundestag


Das schlechte Abschneiden deutscher Schülerinnen und Schüler bei der internationalen PISA-Vergleichsstudie hat die großen Mängel unseres Schulsystems offenbart. Im letzten Juli habe ich nach Veröffentlichung des PISA-Ländervergleichs an dieser Stelle deutlich gemacht, dass die Mängel so gravierend sind, dass sie eine nationale Antwort erfordern. Deshalb haben wir rasch gehandelt. Mit dem am Montag den Ländern vorgelegten Entwurf einer Verwaltungsvereinbarung haben wir eine der notwendigen Antworten gegeben. Unseren konsequenten Reformprozess werden wir weiterhin fortsetzen.

Ich habe meine Kolleginnen und Kollegen aus den Ländern zu einer abschließenden Erörterung der Verwaltungsvereinbarung Anfang März eingeladen. Lassen Sie uns alle gemeinsam an einem Strang ziehen, damit die Vereinbarung schnell unterzeichnet und mit der Umsetzung zügig begonnen werden kann, denn viele Millionen Eltern und viele Lehrerinnen und Lehrer wollen dies. Sie wollen den Kindern und Jugendlichen endlich die Bildungschancen bieten, die diese brauchen. Solche Bildungschancen werden, auch in unserem Land, dringend benötigt.

Die Bundesregierung wird die Länder mit dem Investitionsprogramm „Zukunft, Bildung und Betreuung” in den kommenden Jahren mit rund vier Milliarden Euro beim Aufbau von Ganztagsschulen unterstützen. Für dieses Jahr sind bereits 300 Millionen Euro im Haushalt eingestellt. In den kommenden Jahren werden es jeweils eine Milliarde Euro sein. Im Jahr 2007 sind es 700 Millionen Euro.

Diese Gelder stehen bereit; denn die Bundesregierung weiß, wo sie ihre Prioritäten setzen muss. Die Verantwortung für die Schulbildung haben die Länder nach dem Grundgesetz seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland. Neu ist, dass der Bund sie bei der Wahrnehmung dieser Verantwortung mit vier Milliarden Euro unterstützt. Das Milliardenprogramm des Bundes kommt auch den Kommunen zugute. Dadurch können nämlich zusätzliche Aufträge an den Mittelstand vergeben werden, insbesondere an das Handwerk vor Ort.

Wir haben das Programm ganz bewusst unbürokratisch und transparent gestaltet. Mit der Verwaltungsvereinbarung gewährleisten wir, dass die Länder selber entscheiden können, welche Vorhaben sie fördern. Wir stellen die Verantwortung der Länder und der Schulträger also nicht infrage.

Der Ausbau der Ganztagsschulen ist ein wichtiger Schritt, um das deutsche Bildungssystem in zehn Jahren wieder an die Weltspitze zu bringen. Ein wesentlicher Schritt hierzu sind neben der Entwicklung von Bildungsstandards — ich werde gemeinsam mit der Vorsitzenden der Kultusministerkonferenz noch in diesem Monat eine Expertise vorstellen — die regelmäßige Bewertung der Leistungen von Schulen, die Einsetzung eines nationalen Bildungsrates, die Schaffung einer nationalen Bildungsberichterstattung, wie wir sie im Deutschen Bundestag beschlossen haben, sowie die gemeinsame Entwicklung besserer Unterrichtskonzepte und -methoden, wie wir es im Juli letzten Jahres in der Bund-Länder-Kommission vereinbart haben.

Ein Blick über die Grenzen zeigt, dass ein solches Konzept erheblich zur Qualitätsverbesserung der schulischen Bildung beiträgt. Nur ein solches Konzept, das gemeinsam von Bund und Ländern, von Lehrerinnen und Lehrern, Schülern und Eltern getragen wird, wird eine grundlegende Veränderung und eine erhebliche Verbesserung unseres Bildungssystems zur Folge haben. Dazu ist es notwendig, dass sich jeder dieser Verantwortung stellt. Niemand darf sich ins Abseits stellen und sich zurückziehen.

Es muss — das muss ich deutlich sagen — zu einem Umdenken in der Bildungspolitik kommen. Sie darf nicht mehr von der Frage nach Zuständigkeiten geprägt sein. Lassen Sie mich auch ganz klar sagen, dass es ein Skandal ist, dass in Deutschland die soziale Herkunft über die Bildungschancen entscheidet; das gibt es in keinem anderen Land dieser Welt. 32 Staaten haben an der PISA-Vergleichsstudie teilgenommen, aber nur in Deutschland ist die soziale Herkunft der entscheidende Faktor für die Wahrnehmung der Chance auf Bildung, für den Bildungserfolg und damit für den Lebenserfolg. Das ist ein Skandal, dem ein Ende bereitet werden muss.

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