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Friedrich Ebert, „Ansprache an die Heimkehrenden Truppen” (10. Dezember 1918)


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Kameraden, willkommen in der Deutschen Republik, herzlich willkommen in der Heimat, die sich nach Euch gesehnt hat; deren bange Sorge Euch ständig umschwebte. In diesem Augenblick, da wir Euch am heimatlichen Herde begrüßen, gilt unser erster Gedanke den teuren Toten. Ach, soviele kehren nimmer wieder. Hunderttausende ruhen in Feindesland in stillen Gräbern, andere Hunderttausende mußten vor dem Ende des Kampfes zurückkehren, zerfetzt und verstümmelt von feindlichen Geschossen. Ihnen allen, die sich für den Schutz der Heimat aufgeopfert haben, unseren unauslöschlichen Dank. Wir können ihren Opfermut nicht vergelten, und bloße Worte sind zu schwach, ihnen zu danken. Was wir ihnen an Taten der Dankbarkeit darbringen können, das wollen wir ihnen in Treue leisten.

Der Verbesserung des Loses der Kriegshinterbliebenen und Kriegsinvaliden galt des neuen deutschen Volksstaates erste Verfügung. Ihr seid dem gräßlichen Gemetzel glücklich entronnen. Froh begrüßen wir Euch in der Heimat. Seid willkommen von ganzem Herzen, Kameraden, Genossen, Bürger. Eure Opfer und Taten sind ohne Beispiel. Kein Feind hat Euch überwunden. Erst als die Übermacht der Gegner an Menschen und Material immer drückender wurde, haben wir den Kampf aufgegeben. Und gerade Eurem Heldenmute gegenüber war es Pflicht, nicht noch zwecklose Opfer von Euch zu fordern. Allen Schrecken habt Ihr mannhaft widerstanden – Mannschaften und Führer –, sei es in den Kreidefelsen der Champagne, in den Sümpfen Flanderns oder auf dem elsässischen Bergrücken, sei es im unwirtlichen Rußland oder im heißen Süden. Unendliche Leiden habt Ihr erduldet, unvergängliche, fast übermenschliche Taten vollbracht, unvergleichliche Proben Eures unerschütterlichen Mutes Jahr um Jahr abgelegt. Ihr habt die Heimat vor feindlichem Einfall geschützt, Ihr habt Euren Frauen und Kindern, Euren Eltern den Mord und Brand des Krieges ferngehalten, Deutschlands Fluren und Werkstätten vor Verwüstung und Zerstörung bewahrt. Dafür dankt Euch die Heimat in überströmendem Gefühl. Erhobenen Hauptes dürft Ihr zurückkehren. Nie haben Menschen Größeres geleistet und gelitten als Ihr. Im Namen des deutschen Volkes tiefinnigen Dank und noch einmal herzlichen Willkommengruß in der Heimat. Ihr findet unser Land nicht so vor, wie Ihr es verlassen habt. Neues ist geworden, die deutsche Freiheit ist erstanden. Die alte Herrschaft, die wie ein Fluch auf unseren Taten lag, hat das deutsche Volk abgeschüttelt. Es hat sich selbst zum Herrn über das eigene Geschick gemacht. Auf Euch vor allem ruht die Hoffnung der deutschen Freiheit. Ihr seid die stärksten Träger der deutschen Zukunft. Niemand hat schwerer als Ihr unter der Ungerechtigkeit des alten Regimes gelitten, an Euch haben wir gedacht, als wir mit einem verhängnisvollen System aufräumten, für Euch haben wir die Freiheit erkämpft, für Euch der Arbeit ihr Recht errungen. Nicht mit reichen Gaben können wir Euch empfangen, nicht Behaglichkeit und Wohlstand Euch bieten; unser unglückliches Land ist arm geworden. Schwer lastet auf uns der Druck harter Gebote der Sieger. Aber aus dem Zusammenbruch wollen wir uns ein neues Deutschland zimmern, mit der rüstigen Kraft und dem unerschütterlichen Mut, den Ihr tausendfach bewährt habt. Wetteifernd haben Angehörige aller deutschen Stämme draußen im Kampfe gestanden, Angehörige aller deutschen Stämme stehen vor uns. Schulter an Schulter habt Ihr gemeinsam gerungen, geopfert, geblutet, Not und Tod ins Auge geschaut. Nun liegt Deutschlands Einheit in Eurer Hand, sorgt Ihr dafür, daß Deutschland beieinander bleibt, daß nicht das alte Kleinstaatenelend uns wieder übermannt, daß nicht die alte Zerrissenheit unsere Niederlage vervollständigt. Rettet Ihr die Einheit der deutschen Nation, die Ihr nun Bürger werdet der einen, der untrennbaren Deutschen Republik! Und dann geht mit uns an den Wiederaufbau des Zerstörten. Oft – wenn Ihr draußen dem grausigen Handwerk obliegen mußtet, zog Euch Sehnsucht zurück zur friedlichen Arbeitsstätte, zum Kulturwerk daheim. Die sozialistische Republik, die Euch durch mich begrüßt, wird ein Gemeinwesen der Arbeit sein. Arbeit ist die Religion des Sozialismus, arbeiten müssen wir mit aller Kraft, mit ganzer Hingabe, sollen wir nicht zugrunde gehen und verkommen, sollen wir nicht zum Bettelvolk herabsinken. Das Reich der Zerstörung habt Ihr verlassen, die Pforte neuen Schaffens tut sich vor Euch auf, Eure Tatkraft, Euer Mut, die draußen nie erlahmten, müssen uns zu neuem Friedensglück führen. Bald schlägt die ersehnte Stunde des Friedens, bald wird die konstituierende Nationalversammlung die Freiheit und die Republik fest verankern, durch den unantastbaren Willen des ganzen deutschen Volkes. Ihr legt die Waffen aus der Hand, die, getragen von den Söhnen des Volkes, dem Volk nie eine Gefahr, sondern stets nur Schutz sein sollten. Ihr sollt mitschaffen an dem großen Werk einer neuen deutschen Zukunft – der Zukunft unseres Volkes, dessen Glück Eure fleißigen Hände erbauen müssen von Grund auf. Und so laßt mich Eure Treue zur Heimat, die uns allen gemeinsame Liebe zur Einheit Deutschlands, unseren Stolz auf die Freiheit und die große unteilbare Deutsche Republik zusammenschließen in dem Ruf: Unser deutsches Vaterland, die deutsche Freiheit, der freie Volksstaat Deutschland – sie leben hoch!


Quelle: Friedrich Ebert, „Ansprache an die Heimkehrenden Truppen“. Abgedruckt in Politische Reden III. Hrsg. von Peter Wende. Frankfurt am Main: Deutscher Klassiker Verlag, 1994, S. 94-96.

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