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Ein Adliger, der für Krieg, Plündereien und Abenteuer lebt – Götz von Berlichingen (1480-1562)

Götz (= Gottfried) von Berlichingen zu Hornberg (ca. 1480-1562), genannt „der Ritter mit der eisernen Hand“, da er eine eiserne Prothese trug, ist vielleicht der berühmteste Reichsritter des sechzehnten Jahrhunderts. Sein Ruhm ist größtenteils Johann Wolfgang von Goethe geschuldet, dessen Drama Götz von Berlichingen auf Berlichingens Autobiografie basiert, aus der nachfolgend ein Auszug abgedruckt ist. Berlichingens Erziehung war, wie seine Werte – Ehre, Loyalität und Stolz auf seine Familie und Taten – vollkommen traditionell. Sie beinhaltete Familie und Verwandte, Dienst am Fürstenhof, sowie Teilnahme an der kaiserlichen Kur, Kriegen und Fehden. Das zentrale Ereignis seines Lebens war der Deutsche Bauernkrieg von 1525, in welchem er sich gezwungen sah, gegen seinen Willen auf der Seite der Rebellen zu kämpfen. Berlichingen dient gemeinhin als Vorzeigesubjekt seiner Klasse, eines absteigenden niederen Adels, der an seinem traditionellen Lebensstil festhält, welcher von Kriegen und Fehden bestimmt ist. Berlichingen entstammte demselben Milieu wie Ulrich von Hutten, dem Autor des nächsten in diesem Abschnitt enthaltenen Textes. Obwohl beide Männer dem gleichen Stand angehörten, gingen sie mit den Entwicklungen des sechzehnten Jahrhunderts auf ganz verschiedene Weise um.

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[Vorwort]

An herrn Hansen Hoffman burgermeister zu Hailbron, vnd Steffan Feyerabent der rechten litentiaten vnd sindicum daselbst.

Insonders lieben hern gutte gonner vnd freundt! Es haben vor euch viell andere meine guten hern vnd freundt, vor etlichenn viel jarn an mich begert, das ich meinen erbenn, khinden vnd nachkomen zu ehrnn vnd guttem, solte was ich mein tag, alls ein junnger ritterman vom adell, vnd ein armer reuterßman inn krieg, vheden vnd hendelnn, bey der rhom. key. mt., auch churfurstenn, furstenn vnd andern, von mein selbs vnnd anderer gutenn hernn vnnd freundenn wegen, in irenn vnd meinen aignen sachenn, kriegen vnd vheden (die ich lang zeit gegenn hohenn vnd nidern stenden gefurt) erlebt, beschreibenn, vnnd inn die feder khommen lassenn sollt, wie ir bede dann nunmehr auch gleichsfalls an mich begert.

Darauff ich mich dann bedacht, das ich (souil mir gott der allmechtig gnadt gibt) euch, mir, meinen erben vnd nachkomen, auch andernn meinen gutten hern vnnd freundenn, zu ehrn vnnd gefallenn euwerm begern stadt thon, vnnd meine sachenn vnnd henndel, so ich itzberurtermassenn gehabt, souill mir derenn noch bewist, vff das kurtzest zusamen ziehenn, vnd in schrifften verfassenn wolle, wie ich dann dise zeitt her gethann, vnnd solchs nach meinem bestenn verstanndt nachuolgennder massenn begriffenn, doch mit nichtenn der meinung, ainigen rhum oder grossenn namen darmit zusuchenn oder zuerlangenn, sonder allain vmb der vrsachenn willenn, das mich angelanngt, wie das ettliche meine mißgonner ettwann auß neid vnnd haß, oder villeicht aber auß vnnwissennheit mir gern meine handlung, die ich mein tag gefurtt hab, zum ergstenn vnd vbelstenn außlegenn woltenn, dennen ich dann hier innenn zubegegnenn, vnd den wahrenn grunde an den tag zubringenn, furgenommen. Wie ich dann hierinnenn nichts anders schreibenn oder anntzaigen will, dann wie sich inn warheit alle sachen vnnd handlungenn vonn khindtheit auff mit mir verloffenn, der getrostenn zuuersicht, es soll niemandt khein mißfallenn daran haben, sonder mein vorhabenn, gemut vnnd meinung im bestenn verstehnn vnnd vffnemmen. Das will ich hingegen widerumb gegen eim jedenn freuntlichs vleiß beschuldenn vnnd verdiennen.

[Frühe Jahre]

Erstlich hab ich woll etwa von meinem vatter vnnd mutter seligen, auch meinen brudern vnnd schwestern (die ellther warenn dann ich) vnd auch vonn allten knechten vnd megdten, so bey inen gediennet, viellmal gehort, das ich ein wunderbarlicher junger knab gewest, vnd mich dermassenn inn meiner khindtheit ertzaigt vnd gehalltenn, das meniglichenn darauß gespurt vnnd abgenommen, das ich zu einem kriegsman oder reutterßman gerathen wurde, auß villenn vrsachenn, die alhie zuerzellen zulang vnnd vnuonnotten, welchs ich dann fur mein personn nit gewust hett, wann es mir nit erzellter massenn seithero gesagt vnd angezaigt wer wordenn. Das waiß ich aber woll, das ich mein mutter sellig viellmaln gebetenn, man sollt mich hinweg vnnder die frembdenn thonn, vff das ich auch ettwas bey denselbigen lernenn möchte, wie dann auch volgendts beschehenn, vnnd ich inn meiner iugendt hin vnnd wider alls volgenn wirtt vill gebraucht wordenn.

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