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Die Reichskriegsverfassung (1681-82)

Als Reaktion auf zwei Bedrohungen – den osmanische Vorstoß gegen Österreich sowie die aggressive Annexionspolitik Ludwigs XIV. entlang der westlichen Grenze des Heiligen Römischen Reiches – bestimmte diese Resolution die Aufstellung und Unterhaltung einer (allerdings nicht ständigen oder stehenden) kaiserlichen Armee von 40-60.000 Mann. Die zehn Reichskreise übernahmen dabei die hauptsächliche Verantwortung für die Finanzierung ihrer jeweiligen Einheiten. Die Resolution wurde dem Kaiser zur Ratifikation vorgelegt; er kam dem Anliegen nach und erklärte sie bindend für das Reich. Ihr Erlass sollte die letzte wichtige strukturelle Reformmaßnahme des Heiligen Römischen Reiches sein

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Reichskriegsverfassung


Aus der Römisch-Kayserlichen Majestät, unsers Allergnädigsten Herrn, am 17den Januarii jüngsthin ertheiltem Decreto Commissionis haben Churfürsten, Fürsten und Stände allhier anwesende Räthe, Bottschafften und Gesandte mit mehrerm gebührend vernommen, wie daß Dieselbe, zu Genieß- und Handhabung des lieben Friedens, Allergnädigst verlangen, daß man den Punctum Securitatis Imperii mit allen nothwendigen Umständen überlege, um alle, sonderlich die von dem Türcken besorgende Gefährlichkeiten, so dem Reich, oder dessen Gliedern zustehen möchten, kräfftiglich abzuwenden, und was man dißfalls für rathsam befinde, Deroselben durch ein allergehorsamstes Reichs-Gutachten förderlich eröffne. Gleichwie nun Allerhöchsterwehnt- Ihrer Kayserlichen Majestät für die zu dem Vatterland und gantzen Römischen Reich bey jetziger Anliegenheit tragende Vätterliche Sorgfalt (massen hiemit beschiehet) billig allerunterthänigster Danck zu erstatten, und in keinen Zweiffel zu ziehen, daß nicht des gesamten Heil. Römischen Reichs Respect und Sicherheit hauptsächlich in desselben würcklicher Defensions-Verfassung bestehe; Also hat man nicht ermangelt, diesen zu Conservation des gemeinen Wohlwesens vorgestellten Puncten, seiner Wichtigkeit nach, in reiffe Berathschlagung zu ziehen.

Und obwohlen gäntzlich verhoffet wird, es werde das Römische Reich ins gemein bey seinem erworbenen Frieden und Ruhestand von jedermänniglichen unangefochten gelassen, auch, Ihrer Kayserlichen Majestät Allergnädigster Intention gemäß, der dem Königreich Ungarn, und Römischen Reich, bevorstehenden Türcken-Gefahr gesteuert werden: Nachdeme aber aller Orten die Zeiten und Läufften jetztmahls dergestalt beschaffen, daß auf die Securität des Vatterlands zeitlich ein wachtsames Auge zu haben; Also ist in allen dreyen Reichs-Collegiis für nöthig erachtet, und geschlossen worden, daß zu solchem Ende eine rechte Zusammensetzung nach denen Reichs-Constitutionen und Ordnungen einzurichten, und dahero, über und neben der von Ihrer Kayserlichen Majestät zu eben dem Zweck zu stellen, und von Deroselben zu unterhalten anerbietenden Mannschafft, von Reichs wegen 40 000 Mann, und zwar etwan 10 000 zu Pferd, 2000 Dragoner, und 28 000 zu Fuß, alles geworbenen guten und wohl-geübten Volcks unverzüglich aufzubringen, und folgends damit zu continuiren seye, solang man befinden wird, daß es des Reichs Nothdurfft und Sicherheit nicht weiter erfordere; auf welchen Fall selbiges alsdann verringert, oder gantz abgeschafft werden könne, doch mit dem Anhang, wann das Reich pro rerum exigentia einer mehreren Mannschafft benöthiget seyn sollte, das Quantum mit 20 000 Mann zu vergrössern, wozu sich die Stände eventualiter hiemit verbinden, auf daß dardurch aller unversehenen Gefahr und vorbrechenden Gewalt gesteuert, und kräfftiglich widerstanden werden möge. [ . . . ]




Quelle: Hanns Hubert Hofmann, Hg., Quellen zum Verfassungsorganismus des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation 1495-1815. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1976, S. 233 f.

Abgedruckt in Helmut Neuhaus, Hg., Zeitalter des Absolutismus 1648-1789. Deutsche Geschichte in Quellen und Darstellung. Herausgegeben von Rainer A. Müller, Band 5. Stuttgart: P. Reclam, 1997, S. 73-74.

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