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CDU und „soziale Marktwirtschaft”: Düsseldorfer Leitsätze über Wirtschaftspolitik, Landwirtschaftspolitik, Sozialpolitik, Wohnungsbau (15. Juli 1949)

Bis 1949 verliert die Idee eines christlichen Sozialismus in der CDU deutlich an Einfluss. Konrad Adenauer, der Vorsitzende der CDU in der britischen Zone, propagiert statt dessen das Konzept der „sozialen Marktwirtschaft“ des CDU-Politikers und Wirtschaftsexperten Ludwig Erhard, das sich von der sozialistischen Planwirtschaft der Ostzone ebenso wie von einem liberal-kapitalistischen Wirtschaftssystem absetzt. Die Düsseldorfer Leitsätze der CDU vom 15. Juli 1949 spiegeln die Grundprinzipien dieses Konzepts wider. Dabei steht die Verbindung des privatwirtschaftlichen Leistungsprinzips mit einer aktiven Wirtschaftspolitik des Staates mit vielfältigen Steuerungs- und Kontrollinstrumenten im Mittelpunkt.

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(Kurzfassung)

Das wirtschaftliche und soziale Leben des deutschen Volkes ging nach dem Kriege immer mehr einem Zustand völliger Auflösung entgegen.

Der 20. Juni 1948 brachte den Umschwung. Die Währungsreform allein hat ihn nicht herbeigeführt. Sie schaffte die technischen Voraussetzungen. Der wesentlichste Impuls aber kam aus der Inkraftsetzung marktwirtschaftlicher Grundsätze. Diese marktwirtschaftlichen Grundsätze wurden durch die von der CDU vertretene »soziale Marktwirtschaft« am 20. Juni 1948 zur Grundlage der deutschen Wirtschaftspolitik gemacht.

Was versteht die CDU unter sozialer Marktwirtschaft?

Die »soziale Marktwirtschaft« ist die sozial gebundene Verfassung der gewerblichen Wirtschaft, in der die Leistung freier und tüchtiger Menschen in eine Ordnung gebracht wird, die ein Höchstmaß von wirtschaftlichem Nutzen und sozialer Gerechtigkeit für alle erbringt. Diese Ordnung wird geschaffen durch Freiheit und Bindung, die in der »sozialen Marktwirtschaft« durch echten Leistungswettbewerb und unabhängige Monopolkontrolle zum Ausdruck kommen. Echter Leistungswettbewerb liegt vor, wenn durch eine Wettbewerbsordnung sichergestellt ist, daß bei gleichen Chancen und fairen Wettkampfbedingungen in freier Konkurrenz die bessere Leistung belohnt wird. Das Zusammenwirken aller Beteiligten wird durch marktgerechte Preise gesteuert.

Die »soziale Marktwirtschaft« steht im scharfen Gegensatz zum System der Planwirtschaft, die wir ablehnen, ganz gleich, ob in ihr die Lenkungsstellen zentral oder dezentral, staatlich oder selbstverwaltungsmäßig organisiert sind.

Die »soziale Marktwirtschaft« steht aber auch im Gegensatz zur sogenannten »freien Wirtschaft« liberalistischer Prägung. Um einen Rückfall in die »freie Wirtschaft« zu vermeiden, ist zur Sicherung des Leistungswettbewerbs die unabhängige Monopolkontrolle nötig. Denn so wenig der Staat oder halböffentliche Stellen die gewerbliche Wirtschaft und einzelne Märkte lenken sollen, so wenig dürfen Privatpersonen und private Verbände derartige Lenkungsaufgaben übernehmen. Die »soziale Marktwirtschaft« verzichtet auf Planung und Lenkung von Produktion, Arbeitskraft und Absatz. Sie bejaht jedoch die planvolle Beeinflussung der Wirtschaft mit den organischen Mitteln einer umfassenden Wirtschaftspolitik auf Grund einer elastischen Anpassung an die Marktbeobachtung. Diese Wirtschaftspolitik führt in sinnvoller Kombination von Geld- und Kredit-, Handels- und Zoll-, Steuer-, Investitions- und Sozialpolitik sowie anderen Maßnahmen dazu, daß die Wirtschaft in Erfüllung ihrer letzten Zielsetzung der Wohlfahrt und der Bedarfsdeckung des ganzen Volkes dient. Diese Bedarfsdeckung hat selbstverständlich auch eine angemessene Versorgung des notleidenden Teiles der Bevölkerung zu umfassen.

Die vorwiegend eigentumsrechtlichen und gesellschaftspolitischen Grundsätze des Ahlener Programms werden anerkannt, jedoch nach der marktwirtschaftlichen Seite hin ergänzt und fortentwickelt.

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