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Aufruf der Liberal-Demokratische Partei Deutschlands (LDPD) (5. Juli 1945)

Die Liberal-Demokratische Partei Deutschlands (LDPD) tritt am 5. Juli 1945 mit ihrem Gründungsmanifest in der sowjetischen Besatzungszone an die Öffentlichkeit. Nachdem sich KPD, SPD und auch die CDU in ihren Gründungsaufrufen in unterschiedlicher Form für Verstaatlichungen eingesetzt haben, sprechen sich die Liberalen als einzige Partei ausdrücklich für den Erhalt des Privateigentums und marktwirtschaftliche Strukturen im Wirtschaftsleben aus.

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Nach zwölfjähriger Tyrannenherrschaft und nach fast sechsjährigem Krieg steht das deutsche Volk vor einem Trümmerfeld von grauenhaftem Umfang. Es gilt, völlig neue Voraussetzungen für eine Wiedergeburt des deutschen Volkes zu gewinnen, wenn wir es aus dem geschichtlich beispiellosen Zusammenbruch seiner körperlichen, geistigen, seelischen und moralischen Kräfte herausführen und ihm den Weg zu einer Wiedereinordnung in die Gemeinschaft der Völker ebnen wollen.

Als nächste Ziele dieser jahrelang zu leistenden schweren Arbeit erkennen wir folgende:

1. Äußere und innere Befreiung des deutschen Volkes von den letzten Spuren der Schmach und Schande des Nationalsozialismus. Bestrafung aller derjenigen, die sich im Kriege und in der Vorkriegszeit gegen Gesetz und Menschlichkeit vergangen haben, sowie derjenigen, die die politische Verantwortung für die Gewaltherrschaft der Nationalsozialisten seit 1933 tragen.

2. Achtung vor der Menschenwürde ohne Unterschied von Rasse und Klasse, von Alter und Geschlecht.

3. Sicherung der elementaren Lebensbedingungen des deutschen Volkes, der Ernährung und Kleidung, der Volksgesundheit und Volkserholung, der angemessenen Wohnmöglichkeit.

Wiederingangsetzung des allgemeinen Verkehrs als unerläßliche Voraussetzung zur Wiederherstellung menschlicher Gemeinschaft und Ordnung.

4. Neugestaltung des deutschen Gemeinschaftslebens auf wahrhaft demokratischer Grundlage mit dem Ziele politischer, wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Gerechtigkeit.

5. Wiedergewinnung der Freiheit nach innen und außen unter Ablehnung jeder nationalistischen Überheblichkeit. »Niemand ist lediglich ein Bürger des Gemeinwesens, dem er angehört. Das Menschliche erhebt sich aus dem Nationalen und über dasselbe.«

6. Aufrichtige Mitarbeit an der Festigung des friedlichen Zusammenlebens der Völker und Einreihung Deutschlands in die Familie der Nationen.

Beseitigung des Militarismus und Förderung aller Bestrebungen, den Krieg mit seinem Elend und Jammer aus dem Gemeinschaftsleben der Völker zu verbannen, damit das bestimmende ethische Gesetz für sie nicht das Recht der Macht, sondern die Macht des Rechts werde.

7. Schaffung wahrer sozialer Gesinnung.

8. Schutz und Förderung jeder schaffenden Arbeit in Handwerk und Kunst, in Handel, Industrie und Landwirtschaft, in Büro und Werkstatt. Ungehinderter Zusammenschluß zu berufsständischer und gewerkschaftlicher Vertretung.

Die Erhaltung einer einheitlichen deutschen Volkswirtschaft, des Privateigentums und der freien Wirtschaft ist die Voraussetzung für die Initiative und erfolgreiche wirtschaftliche Betätigung. Die Unterstellung von Unternehmungen unter die öffentliche Kontrolle ist nur gerechtfertigt, wenn die betreffenden Betriebe hierfür geeignet und reif sind und wenn ein überwiegendes Interesse des Gesamtwohls dies gebietet. Dies gilt auch für landwirtschaftliche Betriebe einer übertriebenen Größenordnung.

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