Bald kam der Winter, scharf und strenge. [ . . . ]
Zudem nahm die winterliche Arbeitslosigkeit einen immer größeren Umfang an. Jetzt erst lernte ich erkennen, was es heißt, als ein »freier« und verheirateter Tagelöhner sich in der »gesegneten Marsch« durchbeißen zu müssen.
Kein Bauer hatte mehr etwas für uns Tagelöhner zu tun. Auf den Höfen regte sich nichts. Das Korn war mit der Maschine ausgedroschen; zu kleien gab’s ebenfalls nichts; und das übrige wurde mit ein paar Knechten und Jungens besorgt. Da saßen wir Tagelöhner nun und guckten zum Fenster hinaus. Mich beschlich allmählich ein Gefühl unruhiger Mißmutigkeit, das von Tag zu Tag peinigender wurde, je länger ich herumbummeln mußte. Ein paar Tage und schließlich auch ein paar Wochen hält man es ja in der Stube aus; da läuft einer zum andern, man klöhnt oder spielt Schafskopf und hofft auf einen baldigen Umschlag. Wenn man jedoch an regelmäßige Arbeit gewöhnt ist und die Arbeitslosigkeit gar nicht wieder abreißen will, dann wird’s einem in den vier Pfählen verdammt ungemütlich. Teufel, ist das ein Gefühl, jung, kräftig und arbeitslos in der Kate zu sitzen, wo man doch so gerne arbeiten möchte! Man schämt sich förmlich, sich noch auf der Straße sehen zu lassen.
Es ist, als grinste einen jeder Strauch und jeder Misthaufen schadenfroh an. Dabei schrumpfen die paar Spargroschen immer mehr zusammen; man kann sich schon an den Fingern abzählen, wann der letzte Taler angerissen werden muß; und was dann? Ach wie hübsch voll und schwer kommt einem solch Taler vor, wenn man ihn verdient hat, und wie leicht wird er, wenn man ihn ausgeben muß!
Mit verhaltenem Grimm sieht man dann auf die gewichtigen Bauern, die unbekümmert um die steigende Not der Tagelöhner zu ihren »Visiten« oder Vergnügungen fahren. Den dampfenden Pferden kann man vor Fett keine Rippe auf dem Leibe zählen, während man selbst den Leibriemen von Tag zu Tag enger schnallt. Merkwürdige Gedanken beschleichen einen dann. Da sitzt man als armer Schlucker und will gerne arbeiten; diejenigen aber, für die man sich im Sommer für geringen Lohn abschindet, zucken jetzt gleichmütig die breiten Achseln – was können sie dafür, daß sie keine Arbeiter gebrauchen können?