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Reichskonkordat zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Deutschen Reich (20. Juli 1933)

Obwohl die katholische Kirche nur rund ein Drittel der deutschen Bevölkerung vertrat, sah das NS-Regime in ihr eine besondere Herausforderung. Katholische Interessen vertrat auf politischer Ebene traditionell die Zentrumspartei. Weiterhin hatte die Kirche als internationale Institution eine bedeutende Machtbasis. Das folgende Reichskonkordat, das das Verhältnis des deutschen Reiches und der katholischen Kirche regulieren sollte, wurde am 20. Juli 1933 von Vertretern beider Seiten unterzeichnet und am 10. September des Jahres ratifiziert. Dabei erhoffte sich der Vatikan, der mit der antiliberalen, antikommunistischen Haltung des NS-Regimes sympathisierte, sich durch Rückzug aus allen politischen Bereichen eine rechtliche Sicherung seiner institutionellen Sonderrechte, die Selbstverwaltung und Bekenntnisfreiheit zu erkaufen. Das NS-Regime, das keine Absicht hegte, seine Vertragsauflagen einzuhalten, schätzte trotzdem das internationale Prestige dieser Vereinbarung und hoffte, die katholische Kirche bis auf weiteres zu beschwichtigen.

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Konkordat zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Deutschen Reich


Seine Heiligkeit Papst Pius XI. und der Präsident des Deutschen Reichs, von dem gemeinsamen Wunsche geleitet, die zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Deutschen Reich bestehenden freundschaftlichen Beziehungen zu festigen und zu fördern, gewillt, das Verhältnis zwischen der katholischen Kirche und dem Staat für den Gesamtbereich des Deutschen Reiches in einer beide Teile befriedigenden Weise dauernd zu regeln, haben beschlossen, eine feierliche Übereinkunft zu treffen, welche die mit einzelnen deutschen Ländern abgeschlossenen Konkordate ergänzen und auch für die übrigen Länder eine in den Grundsätzen einheitliche Behandlung der einschlägigen Fragen sichern soll.

Zu diesem Zweck haben Seine Heiligkeit Papst Pius XI. zu Ihrem Bevollmächtigten Seine Eminenz den Hochwürdigsten Herrn Kardinal Eugen Pacelli, Ihren Staatssekretär, und der Herr Präsident des Deutschen Reichs zum Bevollmächtigten den Vizekanzler des Deutschen Reiches, Herrn Franz von Papen, ernannt, die, nachdem sie ihre beiderseitigen Vollmachten ausgetauscht und in guter und gehöriger Form befunden haben, über folgende Artikel übereingekommen sind:

Artikel 1.

Das Deutsche Reich gewährleistet die Freiheit des Bekenntnisses und der öffentlichen Ausübung der katholischen Religion.

Es anerkennt das Recht der katholischen Kirche, innerhalb der Grenzen des für alle geltenden Gesetzes, ihre Angelegenheiten selbständig zu ordnen und zu verwalten und im Rahmen ihrer Zuständigkeit für ihre Mitglieder bindende Gesetze und Anordnungen zu erlassen.

Artikel 2.

Die mit Bayern (1924), Preußen (1929) und Baden (1932) abgeschlossenen Konkordate bleiben bestehen und die in ihnen anerkannten Rechte und Freiheiten der katholischen Kirche innerhalb der betreffenden Staatsgebiete unverändert gewahrt. Für die übrigen Länder greifen die in dem vorliegenden Konkordat getroffenen Vereinbarungen in ihrer Gesamtheit Platz. Letztere sind auch für die obengenannten drei Länder verpflichtend, soweit sie Gegenstände betreffen, die in den Länderkonkordaten nicht geregelt wurden oder soweit sie die früher getroffene Regelung ergänzen.

In Zukunft wird der Abschluß von Länderkonkordaten nur im Einvernehmen mit der Reichsregierung erfolgen.

Artikel 3.

Um die guten Beziehungen zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Deutschen Reich zu pflegen, wird wie bisher ein Apostolischer Nuntius in der Hauptstadt des Deutschen Reiches und ein Botschafter des Deutschen Reiches beim Heiligen Stuhl residieren.

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