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Ernst Henrici spricht zu Berliner Antisemiten in der Reichshallenversammlung: Bericht in der Tribüne (Dezember 1880)

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wir sollen uns mit den Juden vermischen (Lautes Gelächter), dann werden sich die Gegensätze ausgleichen. (Rufe: Nie und nimmermehr!) Ich bin der Meinung, ein Volk, das seit nunmehr 32 Jahren vollständig emancipirt ist und sich so wenig dem deutschen Volksgeiste anzupassen wußte, ist für die Emancipation nicht fähig. Nicht die Juden allein, sondern auch Diejenigen sind für die Laster und Verbrechen der Juden verantwortlich zu machen, die ihnen die Emancipation verliehen haben. Im Interesse der Juden, die keinen moralischen Halt haben und nicht entfesselt werden dürfen, wenn sie nicht dem Laster und Verbrechen in die Arme fallen sollen, ist es nothwendig, die Juden-Emancipation wieder aufzuheben und strenge Gesetze gegen die Juden zu machen. (Stürmischer Beifall.) Dies ist nothwendig nicht nur im Interesse der Christen, sondern auch im Interesse der Juden. (Beifall.) Ferner ist es nothwendig, die Juden gesellschaftlich zu isoliren. Alsdann rufe ich Ihnen zu: Schafft die Judenblätter ab! (Stürmischer Beifall.) Kauft bei keinem Juden und wählt keinen Juden oder Judengenossen (Stürmischer Beifall), denn eng verbunden mit den Juden sind die liberalen Parteien. Die Fortschritts-, die nationalliberale Partei und die Secessionisten sind verjüdelt. Die Zeit ist nicht mehr fern, wo die Fortschrittspartei in Berlin gestürzt werden wird. (Stürmischer Beifall und Lärm.) Die Altenburger Wahl ist lediglich durch den bekannten fortschrittlichen Judenfonds zu Stande gekommen. 1848 stand ein Judenjünglein namens Straßmann auf der Barricade, als jedoch die Kugeln zu pfeifen begannen, verkroch er sich bei einer Frau im Bett. (Stürmischer Beifall und Lärm.) Dieser Straßmann ist heute Stadtverordentenvorsteher von Berlin. (Rufe: Traurig genug!) Der Redner beantragte schließlich die Annahme folgender Resolution: „Die Versammlung ist der Ueberzeugung, daß, wenn die liberalen Parteien sich noch ferner mit den Juden identificiren, die Mehrheit der Bevölkerung sich in kurzer Zeit den Conservativen nähern muß. Wir protestiren gegen diese schamlose Koketterie, welche von deutschen Männern mit den Juden getrieben wird, und sind überzeugt, daß dieser Haltlosigkeit unserer Bürgerschaft nur durch Gründung einer freisinnigen, vom Judenthum unabhängigen Partei vorzubeugen ist.“ (Stürmischer, langanhaltender Beifall und wiederholte Hochrufe auf Henrici, die dieser mit einem Hoch auf den Kaiser beantwortet.)

Nach einer kurzen Bemerkung des Commisions-Rath Demmler gelangte die Resolution mit allen gegen 7 Stimmen zur Annahme.

Unter dem Gesang: „Schmeißt ihn raus den Juden Itzig, denn was er sieht, das nimmt er sich“ wälzten sich die Massen aus dem Saal.



Quelle: Die Tribüne, Nr. 298, Dezember 19, 1880.

Abgedruckt in Karsten Krieger, Hg., Der „Berliner Antisemitismusstreit“ 1879-1881. Eine Kontroverse um die Zugehörigkeit der deutschen Juden zur Nation. Kommentierte Quellenedition, 2 Teile. München: K.G. Saur, 2003, Teil 2, S. 774-81.

Wiedergabe auf dieser Webseite mit freundlicher Genehmigung von K.G. Saur Verlag, München. Für weitere Ressourcen zur Geschichte des Antisemitismus klicken Sie bitte auf den folgenden Link: www.saur.de/zeitgeschichte-online. Dort finden Sie Informationen über die neue Online-Datenbank des K.G. Saur Verlags, “Nationalsozialismus, Holocaust, Widerstand und Exil 1933-1945.“

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