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August Becker: Auszüge aus Die Pfalz und die Pfälzer (1858)

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Wir wollen uns nicht länger bei dergleichen politischen Intensionen und Illusionen aufhalten, indem wir nur noch einige Worte über das Verhältnis der Pfalz zu Bayern hinzufügen. Die gegenseitige Stammeseifersucht ist noch nicht erloschen. Seit Jahrhunderten genährt, gründet sie ohnedies zu sehr auf der Verschiedenheit des Volksstammes. Die Bayern meinen, sie hätten einen schlechten Fang an der Pfalz gemacht, wo lauter Franzosenköpfe und Bettelleute wohnten, — denn in der Tat spricht man in Altbayern noch immer von der „armen Pfalz" und von den Kosten, welche sie dem Lande mache, was freilich eine arge Unkenntnis der Sachlage verrät. „Die Pfälzer haben nichts, als ihr großes Maul!" heißt es dann und dagegen sagen die Pfälzer: „Die Bayern haben nichts, als ihren Bauch; so lange man ihnen auf den nicht tritt, rühren sie sich nicht!" Soldat werden heißt noch heute in der Pfalz, „zu den Bayern müssen" und hierzu kommt noch die Abneigung des Pfälzers gegen das Kasernenleben. Er geht lieber nach Frankreich oder Amerika, wo in Algier und im mexikanischen Feldzug Tausende von Pfälzern gegen die Kabylen und Spaniolen fochten, was die Reden von Mangel an kriegerischem Geiste hinlänglich beleuchten mag. — Als im Jahre 1849 die altbayerischen Truppen die Pfalz besetzten, fragten die Soldaten beim Marsche durch die großen reichen Orte in der Ebene der Pfalz, wann man denn einmal in ein Dorf komme. Da man ihnen sagte, daß dies lauter Dörfer seinen, meinten sie: „Malefiz Demokrat'n! Müssen allweil was bessers hab'n!" Das charakterisiert zur Genüge die gegenseitige Stimmung, — Pfälzer und Altbayern vertragen sich so selten wie Wein und Bier. — Der altbayerische Beamte findet in der Pfalz vieles anders als daheim. Der Pfälzer Bauer läßt sich nicht duzen, sogar nicht einmal Prügel aufzählen; er weiß genau, wie weit des Beamten Vollmacht und Befugnis reicht, — läßt sich vielleicht auch von dem einheimischen Beamten lieber ein hartes Wort sagen als von dem „Altbayer"! Der Pfälzer will aber vor allem eine freundliche, respektierliche Behandlung; Beamtengrobheit imponiert ihm nicht. Was dem bayerischen in die Pfalz kommenden Beamten noch auffallen wird, ist der Mangel an Standesunterschieden und Titeln, die völlige Gleichheit in Ansehen der Person. Hier gibt es längst keinen Adel mehr und was noch von dem früheren Landadel übrig ist, macht keinen Gebrauch davon. In den Städten spricht man eine Person nicht mit dem Amtstitel, sondern einfach bei ihrem bürgerlichen Namen an und von der Titelsucht und dem Titelstolz des übrigen Deutschland wußte man in der Pfalz bis in die neuere Zeit nichts. (Nach und nach scheint sich das zu ändern.) Selbst der Unterschied zwischen Bürger und Bauer besteht nicht in einem Lande, wo jeder Bauer als Bürger sich fühlt und als solcher angesehen wird. Es existieren keine städtischen Vorrechte mehr, in der Pfalz gibt es eben nur „Gemeinden" und ohnedies können sich ja die meisten Dörfer der Einwohnerzahl, dem Reichtum und dem äußeren Ansehen nach neben die pfälzischen Städtchen stellen. — Wenn man schließen wollte, der Beamtenstand sei hier nicht geachtet, so würde man weit fehlschießen, im Gegenteil gibt der Pfälzer gerne Ehre, dem Ehre gebührt, aber eben nie in grober Unterwürfigkeit. Im ganzen wäre zu wünschen, daß Bayern und Pfalz einmal einsehen, daß keines durch das andere etwas verliere und hüben wie drüben tüchtige, der Achtung werte Menschen wohnen. —

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