GHDI logo

Verhandlungen des Reichstags über den Versailler Vertrag (Juni 1919)

Seite 8 von 12    Druckfassung    zurück zur Liste vorheriges Dokument      nächstes Dokument

Man verlangt die Auslieferung des ehemaligen Kaisers, man verlangt die Auslieferung von Heerführern, man verlangt die Auslieferung von Offizieren und Beamten, die ihre militärischen und zivilen Amtshandlungen innerhalb des deutschen Hoheitsgebietes ausgeführt haben; denn auch die besetzten Gebiete, solange sie besetzt waren, standen unter deutscher Staatshoheit. Ich weiß, daß in einem Falle in dem besetzten linksrheinischen Gebiet die französischen Behörden nach dem gleichen Grundsatz ausdrücklich erklärt haben: das besetzte deutsche Gebiet steht unter französischer Staatsoberhoheit. Wir sollen also Personen, deren amtliche Handlungen sich auf deutschem Staatsgebiet, unter deutscher Staatshoheit vollzogen haben, der Gerichtsbarkeit eines fremden Staates ausliefern. Wir müßten meines Erachtens diese Forderung auch ebenso entschieden ablehnen, wenn es sich nicht nur um den deutschen Kaiser und deutsche Heerführer, sondern, wenn es sich auch nur um den bescheidensten deutschen Staatsbürger handelte,

(lebhafte Zustimmung rechts)

weil diese Forderung für das Selbstgefühl einer Nation einfach unerträglich ist.

(Bravo! und sehr richtig! rechts.)

Es ist der Raub unserer Souveränität.

(Erneute Zustimmung rechts.)

Wenn dieser Friedensvertrag in Wirksamkeit treten sollte, so bedeutete es unzweifelhaft den vollkommenen wirtschaftlichen Niederbruch Deutschlands. Ich bedauere, daß sich weite Kreise unseres Volkes diese Folge noch nicht genügend klar gemacht haben. Wenn das wirtschaftliche Leben stillsteht, leidet jeder, der doch sein Leben erwerben muß.

(Sehr richtig! rechts.)

Sonst würde wahrscheinlich der Widerstand gegen diesen Friedensvertrag noch ein ganz anderer sein. Wenn aber der Steuerbote, wenn der Gendarm kommen wird, der dem deutschen Landwirt noch sein weniges Vieh aus dem Stall ziehen wird, dann wird das Heulen und Zähneklappern beginnen, dann wird man einen starken Tadel gegen diejenigen richten, die diesen Vertrag angenommen haben.

(Lebhafte Zustimmung rechts.)

Ich komme mit einem Wort zur Schuldfrage. Es ist einer mit allen Mitteln der Technik ausgestatteten Presse gelungen, den Gedanken, daß Deutschland schuldig ist, in die Gehirne der Welt zu hämmern. Ich beschuldige die frühere bürgerliche Regierung, daß sie nicht rechtzeitig und wirksam gegen diese fortgesetzte Verleumdung Front gemacht hat.

(Sehr wahr! rechts.)

erste Seite < vorherige Seite   |   nächste Seite > letzte Seite