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Verhandlungen des Reichstags über den Versailler Vertrag (Juni 1919)

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Mit der Einfuhr der Rohstoffe, mit dem Besitz der eigenen Rohstoffe hängt unsere finanzielle Leistungsfähigkeit unmittelbar zusammen. Wer studiert hat, wie man in den Verhandlungen der französischen Kammer sich die Entschädigungsfrage denkt, dem wird klar, was es heißt: Entschädigung unserer Feinde. Und diese Entschädigung soll sich nicht nur auf Frankreich erstrecken, nein, auf Serbien, auf Montenegro, auf Rumänien, einschließlich der durch die Feinde selbst angerichteten Schäden; auch Italien sogar meldet sich, Rumänien und Italien, die uns den Krieg erklärt haben, sollen wir auch alle Kriegsschäden vergüten. Wenn man diese Verhandlungen zu dem französischen Entschädigungsgesetz prüft, so sieht man, daß da ungeheure Entschädigungsforderungen entstehen werden, die wir in einem Jahrhundert nicht abtragen könnten. Diese Entschädigungen werden selbstverständlich auf Grund der Berichte und der Schätzungen der örtlichen Behörde festgesetzt. Stellen Sie sich vor, welche Entschädigungsforderungen da gefordert werden, wenn es auf Kosten des verhaßten Feindes geht. Das ist der finanzielle Abgrund für uns.

Die frühere Regierung hatte sich bereit erklärt, hundert Milliarden als einmalige Abstandssumme zu zahlen. Ich war über diese Summe erschreckt, um so mehr erschreckt, als es sich bei dieser Summe nicht um hundert Milliarden handelt, sondern wahrscheinlich um zweihundert oder dreihundert Milliarden. Denn diese Entschädigungen sind in Gold zu zahlen, und es ist ziemlich hoffnungslos, daß sich unsere Valuta wieder auf den alten Stand heben wird, solange wir nicht in der Lage sind, durch unseren Außenhandel die ausreichende Zahl von Golddevisen zu bekommen und unsere Banknoten entsprechend dem Reichsbankgesetz zum Teil wieder mit Gold zu decken. Aber selbst diese Entschädigung von hundert Milliarden haben unsere Feinde abgelehnt. Sie wollen offenbar eine noch viel größere Entschädigung haben, und diese Entschädigung sollen wir in Gold zahlen, das heißt wahrscheinlich zum dreifachen Betrag in unserer Valuta. Das sind vollkommen unsinnige Forderungen; solche unsinnige Forderungen anzunehmen, dazu kann man meines Erachtens die Hand nicht bieten.

Dazu kommt für die zukünftige finanzielle Belastung Deutschlands noch in Betracht, daß sich unsere Feinde die Konfiskation aller Ansprüche deutscher Staatsangehöriger in den feindlichen Ländern vorbehalten; aber nicht nur der Ansprüche der deutschen Staatsangehörigen in den feindlichen Ländern, sondern auch der Ansprüche der deutschen Staatsangehörigen in den Ländern, die jetzt von Deutschland abgetrennt werden sollen. Das ist ein geradezu unerhörter Eingriff ins Privateigentum.

(Sehr richtig! rechts.)

Schließlich die strafrechtliche Klausel. Man wagt einem großen Volk von fast 70 Millionen zuzumuten, daß es auf Grund eines Strafkodex, der erst geschaffen werden soll, auf Grund eines Strafkodex, der rückwirkende Kraft haben soll, deutsche Staatsangehörige dem Feinde zur Aburteilung ausliefert. Das ist wohl die ehrloseste Forderung, die bisher in der modernen Zeit an ein Kulturvolk gerichtet wurde.

(Zustimmung und Rufe rechts: Unerhört!)

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