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Bericht über die Zulassung an den Universitäten und Hochschulen für das Studienjahr 1957/58 durch das Büro des Präsidiums der DDR-Regierung (21. Dezember 1957)

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Beschwerden

Gemessen an dieser Relation zwischen Bewerbern und vorhandenen Studienplätzen ist die Zahl der Beschwerden relativ gering. Gegenüber dem Vorjahr ist die Zahl der Beschwerden bedeutend zurückgegangen. Die Mehrzahl der Beschwerden kommt aus den Reihen der Intelligenz und der Angestellten. Die vorhergehend angeführten Bewerberzahlen machen verständlich, dass nicht alle Bewerber dieser Kategorien zugelassen werden konnten. Als besonderes Erschwerungsmoment kommt bei Bewerbern aus den Reihen der Intelligenz hinzu die Fülle von Einzelvertragsinhabern, die infolge der Zusicherung, die sie im Einzelvertrag erhalten haben, unter allen Umständen auf die Einhaltung dieser Versprechen pochen und mit einer Ablehnung sich in keinem Fall einverstanden erklären.

Bei den Universitäten und der TH Dresden lagen über 700 Anträge von Studienbewerbern vor, deren Väter Einzelvertragsinhaber waren. Davon wurden über 300 zugelassen und über 100 werden bei Ableistung des praktischen Jahres für das Studienjahr 1957/58 immatrikuliert werden. Über 300 Bewerber dieser Kategorie mussten eine Ablehnung erfahren. Diese Ablehnungen waren unumgänglich notwendig, weil Zulassung in diesem Falle bedeuten würde, Herabsetzung des Anteils der Arbeiter- und Bauernkinder und auch wiederum des Anteils der Kinder von Angestellten, und zwar Herabsetzung zugunsten fachlich und gesellschaftlich schlechter ausgestatteter Bewerber. Eine solche Herabsetzung wäre unverträglich mit der Vorstellung, in den Universitäten und Hochschulen solidaristische Ausbildungsstätten zu sehen.

Unverkennbar resultiert eine Reihe von Unzulänglichkeiten und Mängel in der ideologischen Festigkeit der Studenten, nicht zuletzt aus einer Zulassungspolitik, die allzu sehr bemüht war, die in den Einzelverträgen gegebenen Zusicherungen einzuhalten, auch wenn fachlich und gesellschaftlich die notwendigen Voraussetzungen nicht gegeben waren.

Auch eine Herabsetzung des Anteils der Studienbewerber aus Angestelltenkreisen zugunsten des Anteils der Intelligenz wäre nicht zu empfehlen. Diese Studienbewerber rekrutieren sich zumeist aus den Kindern von Angestellten staatlicher Organe und sozialistischer Betriebe, zumeist Eltern mit einer sozialistischen Vergangenheit und hervorragenden Mitarbeitern am sozialistischen Aufbau. Die Bewerber dieser Kategorie bringen ausser fachlichen Qualitäten schon durch die Erziehung im Elternhaus Neigung und Willen zu gesellschaftlicher Betätigung mit und bilden nicht das schlechteste Element an den Universitäten.

Nächst der Intelligenz kommen die meisten Beschwerden aus dem Kreise dieser Bewerber.

Die Einsprüche richten sich bei Angestellten, Handwerkern und Gewerbetreibenden im wesentlichen gegen die Ablehnung. Zum Teil wurde nachgewiesen, dass Arbeiter- und Bauernkinder oder Kinder der Angehörigen der Intelligenz mit weniger guten Voraussetzungen zugelassen wurden. Unter diesen Beschwerdeführern waren auch einige Genossen. Die Überprüfungen ergaben, dass die Zulassungskommissionen infolge mangelnder Unterlagen ungenügend unterrichtet waren. In den meisten Fällen war eine Änderung der Entscheidung möglich.

Einsprüche aus Kreisen der Intelligenz richten sich entweder gegen die Ablehnung oder aber gegen die Einweisung in das praktische Jahr. Vielfach wurde die Forderung auf ein berufsbezogenes Praktikum gestellt (Medizin - Krankenhaus). Forderungen, die nicht berücksichtigt werden können, wenn der Erfolg des praktischen Jahres nicht in Frage gestellt werden soll.

Beschwerden von Arbeitern und Bauern gab es nur wenige. Zum Teil konnten noch andere Fachrichtungen empfohlen werden. In der Regel waren die Entscheidungen der Zulassungskommissionen richtig.

Die bei den erfolgten Überprüfungen gemachten Wahrnehmungen deuten darauf hin, dass bei der Zulassung auch das ideologische Moment genügend Berücksichtigung fand. Schon der hohe prozentuale Anteil der Arbeiter- und Bauernkinder weist darauf hin. Mehr noch die sorgfältige Auslese in einigen Fachrichtungen, in denen sich in der Vergangenheit hinsichtlich ideologischer Festigkeit, Bewusstheit und klarer sozialistischer Perspektive äusserste Labilität zeigte. Z.B. wurden in der Fachrichtung Veterinärmedizin nur Bewerber zugelassen, die den Nachweis praktischer Tätigkeit erbrachten. Das ideologische Moment wurde besonders berücksichtigt durch die Einführung des praktischen Jahres.

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