GHDI logo

Die Definition der Reformation – Der Reichstag zu Augsburg (1530)

Seite 8 von 8    Druckfassung    zurück zur Liste vorheriges Dokument      nächstes Dokument


§ 61. Und dieweil in vielen Jahren in der Heil. Christlichen Kirchen kein gemein Concilium gehalten worden, und das gehalten zu werden die höchste Nothdurfft erfordert, auf daß die obgemelte Irrthum, Mißbrauch und Beschwerden in Unserm Heil. Glauben, und was derweil eingerissen seind, zu besserm Wesen, Ordnung und Versehung, reformirt und bracht werden mögen. Deßgleichen auch, dieweil bißher durch den Feind des Heiligen Christlichen Glaubens, den Türcken, viel Christliche Königreich und anders entzogen ist, und noch mehr entzogen werden möchte, wo dem nicht zeitlich Einsehen geschehe, damit dargegen, nach Erheischung der höchsten Nothdurfft, heilsam und fruchtbarlich gehandelt werde. Und dieweil Uns in gemein, und ohn Unterscheid, alle Unsere und des Heiligen Reichs Churfürsten, Fürsten und Stände, und derselben Bottschafften jetzund allhie zu Augspurg bey Uns versammlet gewesen, eben so wohl diejenigen, die sich mit Uns und Unserm alten wahren Christlichen Glauben, wie der von der Heiligen Christlichen Kirchen bißher löblich gehalten ist, verglichen, als die, so die obgemeldte und andere Neuerung fürgenommen, und solch Concilium zu fördern, demüthiglich angeruffen und gebeten, so haben Wir Uns demnach zu einer Christlichen Reformation und Handhabung Christlichen Glaubens, fürgenommen, wie Wir Uns dann deß jetzo allhie mit Unsern und des Heil. Reichs Churfürsten, Fürsten und Ständen endlich entschlossen, bey Päbstlicher Heiligkeit so viel zu fördern und zu verfügen, daß durch ihre Heiligkeit, ein gemein Christlich Concilium innerhalb sechs Monaten, nach Endung diß Reichs-Tags, an gelegene Malstadt ausgeschrieben, und das zum förderlichsten und auf das längst in einem Jahr nach solchem Ausschreiben angefangen und gehalten werden soll, in tröstlicher und endlicher Zuversicht, daß andere Christliche Könige, Fürsten und Potentaten werden ihnen solches auch gefallen lassen, auf solchem Concilio erscheinen und fürdern und helffen, die gemeine Christenheit, ihrer geistlichen und zeitlichen Sache.

§ 62. Item: Wiewohl hievor in vielen auffgerichten Reichs-Abschieden, klärlich ausgetruckt und versehen, daß den Geistlichen und Weltlichen ihre Zinß, Renth, Gült und Zehend, ohn Widerred und Verhinderung, bezahlt und ausgericht, auch gebührender rechter Zehend gegeben, und den zu verleyhen und einzubringen nicht verhindert werden solten; So befinden Wir doch, daß denselben an etlichen Orten wenig Vollnziehung beschehen: Und aber Uns, als Römischem Kayser gebührt, Einsehens zu haben, daß niemand des Seinen mit Gewalt wider Recht vorgehalten: So ordnen und wollen Wir, daß ein jede Oberkeit, geistlich und weltlich, deßgleichen ihre Unterthanen geistlich und weltlich, bey ihren Renthen, Gülten, Zinsen, Zehenden, Rechten und Gerechtigkeiten bleiben, keiner den andern deß alles entsetzen, verhindern, betrüben, sonder einem jeglichen sein Erb, ewige und andere Zinß, Gült, Zehenden und andere Recht und Gerechtigkeit bezahlen, entrichten und folgen lasse. Darinn auch ein jede Obrigkeit der andern behülfflich seyn soll: Alles bey Vermeidung der Straff in Unserm Land-Frieden begriffen, dazu ob einige Oberkeit solcher Unser Ordnung zuwider handelt, soll Unser Fiscal, vermög Unsers ausgekündten Land-Friedens, gegen derselben Oberkeit zu procediren Macht und Befehl haben.

[ . . . ]

§ 64. Und meinen, setzen und wöllen, daß diesem Unserm Abschied gäntzlich gelebt und nachkommen, und der in allen seinen Inhaltungen, Meinungen und Begriffen vollnzogen werden soll. Unangesehen aller anderer auffgerichten Abschied, auf Unsern vorgehaltenen Reichs-Tägen, so viel die diesem Unserm Abschied und Ordnungen, des Glaubens halben, in etwas zuwider oder abbrüchig seyn möchten. Deßgleichen auch unangesehen aller Ein- und Widerred, Opposition und Appellation, so hiergegen seynd, und an ein gemein Concilium, Uns oder sonst jemands geschehen seynd, oder geschehen werden mögen. [ . . . ]



Quelle: Ruth Kastner, Hg., Quellen zur Reformation 1517-1555. Darmstadt: WBG, 1994, S. 501-20.

erste Seite < vorherige Seite   |   nächste Seite > letzte Seite