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Protestanten und Radikale – Die Debatte zwischen Martin Bucer und hessischen Täufern (1538)

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Vom tauf.

B.: Repetirt, wovon gehandelt, und dweil Jorg vorgemeldet, man mispraucht die sacrament und nemlich den tauf, sprach er: Wir begeren von euch, dweil ir uns des misbrauchs schuldigt, ir wollet uns den misprauch anzeigen.

J.: Ir misprauchet den tauf, dweil die lere des evangelii ist, das man die mentschen erstlich uberzeuge ires bosen, darnach, das sie in die gemeinschaft der heiligen kirchen ingeleibt werden, wilchs ir underlasset, so ir die kinder teufet.

B.: Wir sagen, es sei die ordenung, wie er sagt, so man mit den alten handele, aber mit den kindern hab es ein ander ordnung. Im alten testament hab got mit Abraham seinen bund gehabt und ime darbei das sigel geben, die beschneidung, und ime darbei zugesagt, er wolle sein und seins samens gnediger got sein. Nu hab Christus uns heiden, die an in gleuben, solchen bund auch erworben und wil auch got unser kinder got sein und dasselbig mit dem sacrament der widergeburt, wilche bei uns der tauf ist, wie bei den alten die beschneidung war, in seiner kirchen bezeugt haben.

J.: Ich bleib bei dem text: Gehet hin und predigt. Nu kompt je der glaub us dem gehor, die kinder konnen nicht horen etc.

B.: Fragt, ob er glaube, das die kinder selig werden.

J.: Er hab schrift: Lasset die kinder zu mir kommen etc. [Math. 19, v. 14]. Darbei lasse ers.

B.: So er bekenne, das die kinder selig seien, und doch sagt, die kinder konden nicht horen, so widerspricht er ime selbst, dan sie die wort Marci ultimo auch belangen, als der herre sprach [Mark. 16, v. 15—16]: predigend das evangelium aller creaturen, wer glaubt und getauft wirt, der wirt selig. Dan daruf gleich folgt: wer nit glaubt, nemlich dem gehorten evangelio, der ist verdampt; weil dan die kinder nicht horen, wie Jorg sagt, so musten sie verdampt sein, wo diese ordenung des herren auch die kinder beruren solt.

J.: Wir finden in keiner apostolischen handlung, dan das sie uf die buess zuvor gehandelt haben. Die kinder haben keinen verstand, darumb konnen sie kein buess tun.

B.: Christus hab Marci ultimo ein ordenung gemacht, wie mans mit den alten halten solle. Der herre macht aber unsere kinder auch selig, wie Jorg selbst bekent, und das dermassen, so bald sich ime die alten ergeben, nimpt er auch ire kinder uf in seinen gnadenbund. Wie ein furst, wan er einem ein stamlehen leiget, das er es auch den kindern und nachfolgenden allen damit geluhen hat. Genes. 17 [v. 7]: Ich wil dein und deins samens got sein, darumb ist er auch unser kinder got. Dan wen die alten angenomen, so seind auch die kinder angenomen. Wir mussen die schrift ansehen, was der tauf und bund des herren seie. Wer nu wolt sagen, es solt kein weib beim sacrament sein, dan es were kein weib darbei gewesen, da es der herre erstlich gehalten hat, der tete ja nit recht, noch konde man ime kein usgedrugkt wort furwerfen, da der herre het geheissen oder das exempel geben, das man den weibern solte das heilig sacrament auch mitteilen. Indem aber muss man die art des sacraments ansehen, so findt man leicht, das dies sacrament auch den weibern sol gegeben werden, dan sie auch die gemeinschaft Christi haben als die glaubigen. So nu got die kinder zur seligkeit berufen und bei den alten dasselbig hat mit dem sacrament der widergeburt wollen offentlich bezeugt werden und uns Christus gewisslichen alle die guttat und beweisung der gnaden zugestellet, wilche die alten gehabt haben, wer dan die art der schrift ansihet, der wirt die kinder nit usschliessen, ob man gleich, das die aposteln ganze heuser getauft, in utramque partem disputiren konne und wir sonst auch keinen usgedrugkten bevelh haben: Taufet kinder!

J.: Sindtmals die ordenung der aposteln nit gehalten wirt, teufe man die kinder und lasse es darbei bleiben, leret sie kein buess und besserung.

B.: Die ordenung der aposteln ist gewesen, die alten zu taufen der ordenung, wie sie Jorg angezogen, die kinder aber nach ordenung der beschneidung, und sol man die kinder, wan sie erwachsen, treuelich catagisiren* und leren halten alles, was der herr bevolhen hat.

J.: Es stehe ustrugklich geschrieben, die kinder zu beschneiden, aber dies nit.

Fragt Bucer ob wir das lassen sollen, da wir keinen bevelh haben, wie mit den weibern das sacrament geben.

Antwort Jorg: nein man tu unrecht, das mans inen nicht geb.

B.: Ob wir unrecht tun, wen wir den sontag firen**.

J.: Nein.

B.: So musse er auch die sach mit dem kindertaufen nicht verdamen, ob man schon des keinen usgedrugkten bevelh, weil man des guten grund in der schrift hat. Die aposteln haben die ehren am sabath usgerauft und nit gesundigt, und war dannocht ein usdrugk wort wider sie: Du solt uf den sabaath aller ding kein wergk tun. So bewert Christus auch die uferstendtnus der toten auch sonder usgedrugkt wort, das die uferstendtnus der toten het gemeldet. Wie nu Christus seinen gnadenbund erweitert hab mit den heiden, wie sollen wir dan die kinder usschliessen? Wo ubertreten wir in dem einich wort gottes, wo ubertreten wir die liebe?

J.: Ich wil bei dem bleiben, des ich gewiss bin das die aposteln die bussfertigen getauft haben und das faren lassen, des ich ungewiss bin.


* katechisieren.
** feiern.

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