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Protestanten und Radikale – Die Debatte zwischen Martin Bucer und hessischen Täufern (1538)

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Vom wucher.

J.: Er hab angezeigt us der schrift, man solle nicht wuchern, weder mit gelde noch mit gude.

B.: Sagen, sie wollen keinen wucher pillichen, und er musse den wucher beweisen und anzeigen. Dan sie verdamen mit ime den wucher.

J.: Sie wuchern mit gelde von zwanzig gulden einen. Aber man neme nu von zwanzig gulden ein malter korns, das seien zwen oder drithalber gulden. Nu hab die kirch erstes von zwanzig gulden einen genomen, seie in der schrift verpoten.

B.: Lase ime us dem 6. cap. Luce [v. 30, 34], da der herre dan gesagt, der von dir begert, dem gib, leighet auch denen, von denen ir nichts verhoffet etc., und zeiget darus an, das der herre selbst diese regel in allen derlei sachen gegeben hab: Was ir wolt, das euch die leude tun, das tut ir inen auch. Derhalben, wo sich die sach mit dem nehsten also zutregt, das, so wir an seiner stat stunden, billich begerten, das man uns gebe, oder das wir selbst genomen liessen oder leighen, wen von uns schon nit allein kein ubernutzung, sonder auch die gelihen summa nit wider zu bekomen hoffen konde, das wir alsdan unserm nehsten tun, wie wir in solchem fal wolten, das uns geschee. Wo aber der nehst des vermugens, das er mit eins andern gelde gewinnen kan, wilchs derselbig dweil* nit one seinen nachteil mangelt, so erfordere die liebe, das er von solchem gewin seinem nehsten, des gelt er genutzet, auch mitteile. Dasselbig ist dan kein verpotener wucher, dan er geschicht mit nutz und one schaden des nehsten. Wo es nu dermassen, es sei mit zinsen oder andern hendeln, gehandelt wirdet, so werde der liebe nach gehandlet und hab es niemants zu schelten. Wo aber der nehst beschwert werde, das verdamen auch wir. Nu sei aber die gemein mässigung funfe vom hundert der gestalt, das solchen zins gemeinlich die, so frembt gelt gebrauchen, mit irem nutzen wol geben konnen. Wo dan der kast zu Aldendorf dieser pillicheit nach gehandelt hab, so muge inen Jorg nit schelten; dan denen leuten, so man des kastens gelt fursetzt, damit bass gedienet wirdet, dan so man dem kasten eigene gueter kaufte und davon den segen gottes vor die armen erwarte. Es solte alles kirchengut in drei teile geteilet und also gebraucht werden, das mit dem einen teil schulen und kirchendiener erhalten, mit dem andern alle notturft der gemein und besonder person versehen, mit dem dritten der kirchen bau und, was zum brauch der kirchen gehort, bestelt werden. Weil aber nu an dem leider vil mangels erscheinet, und darzu die glaubigen in kasten nicht so vil geben, muss man dannocht je sehen, das dasjhenig, so der kaste hat, den armen auch zu nutz kome. Wo nu einer seinen nutzen mit dem gelde der armen schaffet, solt er nit dan den armen leuten davon auch mitteilen? Got hab den Juden verboten, sie sollen keinen wucher nemen, der dem nehsten schadet, und nit solche pilliche abteilung des gewins, den der berre us seinen segen von des einen gelt und des andern schaffen oder werben verlihet. Wo ein solcher zinse genomen wurde, mit dem der arme zinseman beschwert wurde, ist es unrecht. Aber nach gemeinem lauf vom hundert funf gulden, damit kan er auch seinen nutzen schaffen. Wen mans aber nicht also treffen kan, da sol die liebe meister sein. Solche handlung seie ein dienst und ein wergk der liebe, kein wucher, auch nicht von got verboten.

J.: Wie es hie zugenomen hat in der liebe, das findet sich in der tat.

B.: Die papisten wollen unsere leut auch verdamen, es werde imer je boser. Nu ist das unser lere: wirkt buesse und tut gut. Und ist der lere schult nit, das mans nit tut. In alt und neuem testamenten ist alwege gottes wort derart gewesen, das es die leute, so es nit angenomen, alwege erger gemacht hat, wie das auch ad Ro. 1 weitleuftig angezeigt wirdet. Es seien vil beruft, wenig erwelt [Matth. 20, v. 16]. Wilche nu nicht die lere annemen, nachdem sie dero gnungsam berichtet, die fallen teglich tiefer und geben ursach zu der rede: Seidt man die neu lere gepredigt hat, seind vil leut erger worden. Also ist auch ergangen, da die propheten, Christus und die aposteln gepredigt haben, wie das die historien und andere schriften zeugen. Das evangelium losch us alles bose, aber do es recht angenomen wirdet. Nu aber bringe allein das vierte korlin frucht, wie Christus sagt.

J.: Es werde wol davon geredt, aber ime nicht nachkomen, und man musse ins wergk greifen.

B.: Das wollen wir tun.


* Inzwischen.

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