GHDI logo

Protestanten gegen Radikale – Ein Lutheraner verteidigt die Rechte des Herrschers in geistlichen Angelegenheiten (1530)

Seite 5 von 8    Druckfassung    zurück zur Liste vorheriges Dokument      nächstes Dokument


Und in den alten historien erfindet sich wol, das by etlichen kaysern die ketzer neben den catholicis gedult seyen worden. Aber darneben erfindt sich auch, das die cristenlichen kayser, so die cristenhait ye gehapt hat, kein ketzereikirchen gelitten haben. Also stet es geschriben in Historia Tripartita li. 3 ca. 11 [1 f.]: Arii dogma, licet apud multos disputationibus extolleretur, nondum tamen in proprium discernebatur populum aut in nomine constabat autoris; sed omnes simul in ecclesia veniebant et communicabant praeter Novaciones et qui vocabantur Phriges et Valentinianos et Marcionistas et Palinitas et qui alias haereses colebant. Contra quos omnes imperator posita lege sanctivit auferri eorum oratoria et ecclesiis applicari et neque in domibus privatorum eos congregaciones nec publice celebrari etc. Item in eadem Historia li. 9 ca. 7 [2 f.]: Imperator Gracianus, Valentinianus et Teodosius Augusti ad popolum urbis Constantinopolitanae. Cunctos populos, quos clemenciae nostrae regit temperamentum, in tali volumus religione versari etc. Nam hanc legem retulit Justinianus in suum codicem sub titulo De summa Trinitate et de Fide Catholica* Simile factum ad mandatum imperatoris legitur in eadem Historia Tripartita li. 9 ca. 10, item li. 9 ca. 19 [16]: Imperator interia lege sanctivit, ut haeretici neque ecclesias haberent neque de fide docerent neque episcopos aut alios ordinarent et alios quidem de civitatibus expelli alios sine honore esse neque frui communi civilitate promisit. Insuper crudeles poenas adversus eos in lege conscripsit, quas tamen executus non est. Studebat enim ut pro hoc concordes existerent non autem suplicio subiacerent etc. Eodem libro ca. 25 [5]. Hoc intelligens imperator et gesta simul dictaque miratus legem repente protulit, qua haereticorum concilia prohiberentur etc. Herauß ist kundtbar, das sich die frumen kaiser in der versamlung der ketzer zu zeytten gelegt haben und sie verbotten, seyen auch von keinem gotsforchtigen bischoff, sovil mir wussendt, als gotloß darob gescholten worden, welchs on zweyfel geschehen were, wan sie es fur unbillich und der weltlichen oberkait nit zustendig geacht heten.

Itz muß ich auch ein wenig auff des, so die verzeichnus gestelt hat, furgeben und einreden antworten. Erstlich sagt er also: „Es findet sich gar nit, das die apostel, wo ymant irer lere und predig nit angehangen, sonder einen andern glauben gelert oder gehalten, die weltlich oberkait angeruft haben“ etc. Das ist war, die apostel haben die weltlich oberkait nit angeruft uber die, so falsch glaubens gewesen seyen. Es thut es auch kein cristenlicher prediger. Ich wil wol mer sagen: Es haben auch die apostel kein weltlich oberkait uber ein diep oder morder angeruft, so thut es auch kein recht prediger. Solt aber darumb ein rechter prediger die oberkait irs ampts nit berichten, und so sich zutrug, so underweysen, das die mit gutem gewussen mog und schuldig sey, die diep und morder zu straffen? Also wan es sich begibt, das die oberkait, so cristen ist, ires gewussens halb die prediger fragt, ob sie mit gutem gewussen die aigen erwelten versamlung und selbs beruffen prediger wider irn glauben in irem gebiet abstellen mog, solt es darumb haißen die oberkait anruffen, wan der gefragt prediger die oberkait in irm ampt underweyset und leret? Paulus lert von der oberkait, sie sey von Got verordnet dem boßen zur straff und das die underthon ein stil geruwig leben furn [Röm 13, 4], solt er darumb beschuldigt werden, er ruft die oberkait an uber seine widersecher, so im tag und nacht nach seim leben stelten? Das sey fer! Und demnach haben dise zwey stuck, ein oberkait irs ampts berichten und ein oberkait umb hilff und rettung ansuchen oder ruffen, ein groß underschied. Das erst gehort allen predigern zu, das ander gehort den underthon in irer weltlichen betrangten noth zu etc.

Das man aber im Newen Testament nit findt, das ein weltlich oberkait darumb gelopt sey, ist nichts geredt, quia locus ab auctoritate negativa non valet. Man findt doch auch nit, das sie gescholten sey darumb, das sie kein versamlung eins falschen glaubens halb gedulden wollen. Zudem so seyen datzumal, als das New Testament beschriben, die oberkait nit cristen gewesen, so hat man sie von deswegen weder loben noch schelten konnen.

Dan obwol Cristus Mathei am 13 [29] sagt, man sol das unkraut nit außgetten, sonder sten laßen etc., so hat es doch nit die meynung, das man dartzu sol stilschweygen oder stil halten, sonder Cristus hat am selben ort dem apostolischen ampt ein zil gesteckt. Er sahe und merckt, das sein apostel immer mit dem schwert und faußt daran wolten, wie es sich erschin Luce 9 [54], da sie wolten das fewer von himel herab beruffen und die Samaritaner verbrennen, auch da Petrus mit dem schwert darin schlug, als man Cristum fahet; darumb leret er sie, das ir ampt nit in das weltlich schwert raichet [Mt 26, 51] Nichtsdesterweniger geburt inen, das unkraut nach der schnur irs ampts außzugetten, dan wo dem nit also wer, so wurd kein prediger dorffen wider ein ketzerei predigen, und het Paulus gar unrecht gehandelt, das er wider die beschneider und andere ketzereyen geschriben hat. Haist aber wider ein falschen glauben oder lere predigen und schreyben nit außgetten? Ja, es [heißt das] furwar! Wie es aber eim prediger geburt nach der regel seins beruffs, das ist mit dem wort Gottes, also geburt es auch einer weltlichen oberkait nach der schnur irs ampts, ja einem igklichen ampt nach seiner gebure, sunst dorfft disem spruch nach die weltlich oberkait auch keinen rauber, morder oder gotslesterer straffen. Ist nit morderey ein unkraut? Ist nit gotslesterung des offenlichen fluchens ein unkraut? Ist nit eebrechen ein unkraut? So hor ich wol, ein oberkait must sie auch biß uff die eren** wachsen lassen und dorft niemants darumb straffen. Demnach verbeut wol Cristus hie den aposteln, ampts halben nit mit gewalt zu fechten, laßt aber darneben einem igklichen ampt zu, beid, dem gaistlichen und weltlichen, nach der regel und schnur irs bevelhs zu handeln und das unkraut, sovil muglich, außzugetten.


* Corpus Juris Civilis, Codex Iustinianus I, 1
** eren=Ernte

erste Seite < vorherige Seite   |   nächste Seite > letzte Seite