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Bericht der Preußischen Bezirksregierung in Koblenz über jüdische Einwohner (1820)

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[ . . . ] Ohne produktive Kraftanwendung und wahre Selbsttätigkeit, nur vom Spähen und Lauern sich nährend, bilden sie, wie mit Recht behauptet wird, eine durch theokratischen Despotismus, durch Abstammung, Gesinnung, Pflicht, Glauben, Sprache und Neigung zusammenhängende Krämer-, Trödler- und Mäklerkaste, die als geschlossene Gesellschaft um so nachteiliger influiert. Kein Wunder daher, daß das Handelskapital fast allenthalben vorzüglich in ihren Händen sich befindet, daß sie den Cours bestimmen und besonders bei großen Geldgeschäften kein christlicher Kaufmann mit ihnen konkurrieren kann. Der allgemeine Glaube an ihre Immoralität ist sogar in die Sprache übergegangen. Jüdisch ist das Prädikat einer schmutzigen, verächtlichen Handlung; er ist ein Jude, heißt es von dem Christen, der Wucher oder gemeinen Schacher übt. [ . . . ] Ruhm- und preiswürdige Handlungen (der Israeliten) [ . . . ] bilden [ . . . ] nur einzelne Erscheinungen, Ausnahmen, die als solche die Regel nur verstärken und daher nichts beweisen. Diejenigen Juden aber, die sich über die positiven Bestimmungen ihrer Religion wegsetzen, die Synagogen nicht besuchen, mit den Christen im Genusse der Speisen sich gleich stellen, sind Indifferentisten, weit gefährlicher und dem Staate schädlicher als die treuen Anhänger des Judentums selbst.

Daß die niedere Stufe der Kultur, worauf (die Juden) sich befinden, ihre häßlichen Charakterzüge sowie ihr verderblicher Einfluß auf die Völker, unter denen sie wohnen, nicht aus dem Geiste ihrer Religion und den damit zusammenhängenden Institutionen, sondern aus dem Druck und den Verfolgungen des Fanatismus hervorgehen sollen, wird ebensosehr widerlegt durch die Gegenwart als durch die Vergangenheit.

In Polen, vorzüglich aber in Spanien genossen sie die größten Vorrechte; [ . . . ] allein ihre ganze Kraft und Tätigkeit ausschließlich dem Handel widmend, [ . . . ] spielten sie sich bald alle Geldgeschäfte in die Hände, wurden die Financiers der Großen und überließen den Christen die Bestellung der Äcker unter den härtesten Bedrückungen.

Auch in Deutschland haben die Juden, selbst in früherer Zeit, keine so schlimme Behandlung erfahren, wie ihre Vertreter [ . . . ] den Christen zum dringenden Vorwurf machen; größtenteils genossen sie vielmehr diejenige Rücksicht, die ihren Verhältnissen und den Forderungen der Menschlichkeit entsprachen; hier und dort stattgehabte Mißhandlungen waren teils die Folgen der tief bewegten Zeit, teils der rohen Ausbrüche der gereizten Menge, die, obgleich durch die Ränke und Betrügereien der Christenfeinde provoziert, doch immer eine strenge Ahndung fanden. Später, wo die Periode der Philanthropie in unserem Vaterlande begann, wo man die Humanität als Pflicht betrachtete, [ . . . ] ist für die Juden in den meisten Staaten alles geschehen, was den Genuß der Menschenrechte gewährt. Die Juden sind freie Leute wie die Christen, werden mit diesen nach denselben Gesetzen gerichtet, können ihre Religion unbehindert üben, über ihr Eigentum unter Lebenden, wie auf den Todesfall, verfügen und wie alle anderen an den öffentlichen Bildungsanstalten Anteil nehmen.

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