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Die Katholiken: Die Versammlung der katholischen Vereine des Rheinlands und Westfalens (1849)

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Wenn wir sagen, die rein politischen Fragen sollen nicht ausgeschlossen sein, so würden wir vom Geschichtlichen abgehen. Wenn die Vereine sich in politische Erörterungen einlassen, so würde die Gefahr entstehen, daß der Episkopat, welcher das Protektorat über die Vereine angenommen, deren Bestreben mißbilligt und sie also in eine schiefe Stellung geraten würden. Wenn die Vereine politische sein sollen, so müssen sie eine politische Partei werden; sie werden dann eine widerwärtige und gefährliche Stellung erhalten und alle anderen Parteien gegen sich haben. Aber auch nicht alle aufrichtigen und redlichen Katholiken sind in der Politik unter einen Hut zu bringen, nicht alle haben Kraft, Ausdauer und Opferwilligkeit genug, statt gegenseitiger Achtung würden Anfeindungen entstehen; es muß aber vielmehr ein Mitglied dieser oder jener Partei angehören können, unbeschadet der vorgelegten Frage.

Es ist die Tatsache nicht zu verkennen, daß schon jetzt das Verhalten einiger Vereine bei anderen einen unangenehmen peinlichen Eindruck hervorgebracht hat. So gut es gemeint war, hat es dennoch Anstoß gegeben. Es könnten daher leicht die Vereine, obschon sie im wesentlichen einig sind, wegen der Politik auseinanderfallen. Die Aufnahme der Politik möchte leicht den Keim zur Zerstörung und zum Zwiespalt legen. Dies sind die Gründe, welche die Minderheit bei dem bereits verlesenen Unterantrag geleitet haben.

Herr v. Fürth, Sohn, für den Mehrheitsantrag:

Meine Herren! Der vorige Redner hat den wahren Standpunkt der Frage verrückt. Es ist dem Kölner Verein nicht eingefallen, sie hierhin einzuladen, damit sich die katholischen Vereine Rheinlands und Westfalens als politische Partei konstituierten. Ich verweise deshalb auf das von uns erlassene Einladungsschreiben, wo bloß von einer Einigung über diejenigen politischen Fragen die Rede ist, welche für die Katholiken als solche von Bedeutung sind, sowie über den Standpunkt, welchen die Katholiken als solche den bestehenden politischen Parteien gegenüber einzunehmen haben.

Auf eine Widerlegung des von dem Referenten der Minorität Vorgebrachten eingehend, stützte sich der Redner hauptsächlich auf folgende Gründe:

Erstlich: Die meisten und wichtigsten politischen Fragen seien derart, daß ihre Lösung auch für die Zukunft des Katholizismus in Deutschland von Bedeutung sei. Die Pius-Vereine müßten sich jeglicher politischer Bestrebung, von der man einsehe, daß, falls sie zum Ziel gelange, die Unabhängigkeit der Kirche gefährdet sei, widersetzen.

Zweitens müßten diejenigen, welche immer mehr einsähen, daß der Staat nur zur Kirche zurückkehrend und durch die Kirche regeneriert werden könne, dahin streben, daß eine dem Katholizismus entsprechende und vom Geiste desselben durchdrungene Politik vom Volke als die einzig richtige anerkannt werde. Sowohl die Anhänger der sogenannten konstitutionellen Partei als die Radikalen pflegten in ihren Versammlungen weitläufig über dasjenige zu reden, was das Volk seines eigenen Nutzens wegen tun müsse, aber niemals werde von ihnen untersucht, ob irgend ein politisches Bestreben den Grundsätzen des Rechts und der Moral sowie den Vorschriften der Kirche entspreche. An solche Behandlung politischer Fragen gewöhnt, verliere das Volk immer mehr den Sinn für Rechtlichkeit. Die Piusvereine müßten das Unkatholische bekämpfen, wo sie es fänden, somit auch in den politischen Bestrebungen unserer Zeit. Das Volk verlange gegenwärtig nach politischer Freiheit, man müsse ihm beweisen, daß man ein Herz für seine Freiheit habe, dann erwerbe man sein Vertrauen und könne es von politischer Verirrung zurückführen.

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