GHDI logo

Die transatlantische Allianz im Spiegel neuer Verhältnisse (6. Februar 2005)

Seite 3 von 3    Druckfassung    zurück zur Liste vorheriges Dokument      nächstes Dokument


„Iran gibt wahren Test auf die Beziehungen“

Wie sehr sich das Zusammenspiel wieder herstellen läßt, wird schon bald der Umgang mit Iran zeigen. Gary Smith, Direktor der American Academy in Berlin, spricht vom „wahren Test auf die deutsch-amerikanischen Beziehungen". Auch der kleinste Hinweis darauf, daß Washington mit Ernsthaftigkeit den diplomatischen Weg einzuschlagen gedenkt, um Teheran von der Herstellung der Atombombe abzubringen, wird in Berlin genau registriert. Als Rice nach ihrem einstündigen Gespräch mit Schröder – zwanzig Minuten mehr als geplant – am Freitag nachmittag sagte, es gebe eine Chance, die Krise mit diplomatischen Mitteln zu lösen, wurde das in der Bundesregierung sofort als sehr gutes Zeichen gewertet. Abseits der Mikrofone aber wird kein Hehl daraus gemacht, daß man der amerikanischen Regierung sehr wohl zutraut, nicht-diplomatisch gegen Iran vorzugehen.

Ein anderes Thema steht voraussichtlich noch in diesem Jahr auf der deutsch-amerikanischen Agenda: Berlins Wunsch, einen ständigen Sitz im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen zu bekommen. Als Rice am Freitag mit Schröder zusammentrifft, kommt der Kanzler nur mit aller Zurückhaltung und sehr allgemein auf die Angelegenheit zu sprechen. Washington hat sich bislang erst vage zu den Reformplänen für den Sicherheitsrat geäußert, zu Deutschlands Begehr noch gar nicht. Auch in Berlin bleibt Rice allgemein, hebt im Gespräch mit Schröder lediglich hervor, daß sich Amerika seine wichtige Rolle der Vereinten Nationen wünsche.

Doch wird Washington nicht entgangen sein, daß der ständige Sitz für Schröder längst zum außenpolitischen Großziel geworden ist, daß die deutschen Diplomaten jede Meinungsäußerung eines Mitgliedstaates der Vereinten Nationen in der Reformfrage auf das genaueste registrieren, Listen führen, um festzustellen, wie die Mehrheitsverhältnisse sind. Die Abstimmungsmodalitäten wollen es, daß das amerikanische Votum am Ende ausschlaggebend sein wird für die Erfüllung des deutschen Traums. Der ständige Sitz – freilich weniger brisant als die iranischen Atomambitionen – wird schon bald zum weiteren Test auf die erneuerte deutsch-amerikanische Freundschaft werden.



Quelle: Eckart Lohse, „Deutschland ist kein Ja-Land mehr“, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 6. Februar 2005, S. 3. © Alle Rechte vorbehalten. Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH, Frankfurt. Zur Verfügung gestellt vom Frankfurter Allgemeine Archiv.

erste Seite < vorherige Seite   |   nächste Seite > letzte Seite