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Vom Ziegenhirt in den Alpen zum Griechischlehrer – Thomas Platter (1499-1582)

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Nach dem wier nun by 8 oder 9 wuchen uff gselschafft wartetend, zugen wier uff Missen zů. Was mier ein wytte reiß, als der des nit gwont hatt, so wyt zů ziechen, darzů underwägen zů <lůgen> essen uberkon; zogen also unser mit einandren 8 oder 9, dry klein schützen, die andren groß bacchanten, wie man sy dů nampt, under welchen ich der aller kleinst schütz was und iungst. Wen ich nit woll mocht zů gan, gieng min vetter Paulus nach mier mit der růtten oder stäklin, zwikt mich um die blossen bein, dan ich hatt kein hosen an und böse schülin. Weis ouch nit mer alle ding, wie es uns uff der straß ergangen sig; doch ettliche bin ich ingedenk, als namlich: wie wier uff der reiß waren und man dan allerlei redet, sagten die pachanten zamen, wie es in Missen und Schlese der bruch weri, das die schůler derfften gens und enten, ouch andre essige spyß, rouben, und dette man eim nütz drum, wen man dem entrunne, dessen ein ding gsin weri. Uff ein tag waren wier nit wyt von eim dorff; do was ein grosser huffen gensen by einandren und was der hirt nit darby (dan ein ieglich dorff hatt ein eignen gens hirt); der was zimlich wyt von gensen by dem kü hirt. Do fraget ich mine gsellen, die schützen: „Wen sind wier in Missen, das ich dörffe genß ztod werffen?“ Sprachen sy: „Jetz sind wier drin.“ Do nam ich ein stein, wirffen eini, traff sy an ein bein; die andren flugen darvon; die hinkend aber kond nit uff kummen. Do nim ich noch ein stein, draff sy an kopff, das sy niderfiell (dan ich hatt by den geissen woll lärnen werffen, das kein hirt mins alters über mich was; kond des glichen ouch das hirten horen blasen und mit dem stäken springen, dan in sömlichen künsten ůbt ich mich under minen mit hirten). Do lyff ich zů hin und erwutst die gans by dem kragen, und mit under das röklin, und gieng die straß durch das dorff. Do kam der genßhirt nachher geloffen, schriend im dorff: „Der bůb hat mier ein ganß geroubt!“ Ich und mine mit schützen fluchen, und hangent der gans die fieß unter dem röklin fürher. Die puren kamen herfür mit parten, die sy werfen konten, liffen uns nach. Do ich gsach, das ich nit mit der gans entrinnen mocht, ließ ich sy fallen; vor dem dorff sprang ich ab dem weg in ein gestüdt. Miner gsellen aber zwen liffen der straß nach; die erylten zwen puren; do fielen sy nider uff knü, begärten gnad, sy hetten inen kein schaden than; und <als> sy ouch die puren gsachen, das sy nit die waren, der gans hatt lassen fallen, giengen sy wider in das dorff, namen die gans. Ich aber gsach, wie sy minen gsellen nach geilt waren; was in grossen nötten und sprach zů mier selbs: „Ach got, ich gloub, ich hab mich hüt nüt gesägnet“ (wie man mich dan gelert hatt, ich solte mich alle morgent gsegnen). Wie die puren wider in das dorff kamen, funden sy unsre bacchanten im wirtzhuß (dann sy waren füranhi in das wirtzhuß gangen und kamen wier nacher); vermeinten, sy sölten gans zalen; weri etzwa umb 1½ batzen zů thůn gsin; weiß aber nit, öb sy sy zalt hand oder nit. Wie sy nun wider zů uns kamen, lachetten sy, fragtend, wie es gangen weri. Ich entschuldiget mich, vermeint, es weri so lantz bruch; sprachen sy, es weri noch nit zyt.

Ein ander mall kam ein mörder zů uns allen in eim wald, elff mill hiedisent Nürenberg; do waren wier all by einandren. Der wolt angentz nůn mit unsren bacchanten spilen, das er uns hinderte, byß das sine gsellen zamen kemmend. Do hatten wier gar ein redlichen gsellen, mit namen Anthoni Schalbetter uß Visperzenden uß Walles, der forcht 4 oder 5 nit, wie er den das zů der Nümburg und Minchen woll erzeigt hatt, und sunst an mer orten. Der selb tröwet dem mörder, er selte sich von uns machen; das dat er. Nun was es spatt, das wier bloß in das nechst dorff kummen mochten, und waren zwei wirtz huser do, sunst wenig hüser. Do wier in das ein kamen, was der mörder vor uns da und andre mer, an zwifell sine gsellen. Do wolten wier nit do bliben, giengen in das ander wirtzhuß; bald so koment sy ouch in das wirtzhuß. Als man nun znacht gessen hatt, was ieder so gschäfftig im huß, das man uns kleinen bůben nütz wolt gen (dan wier sassen nümmerg ztisch in zmall), wolt uns ouch nit niderfierren, sunder wier mießten im roßstall liegen. Als man aber die großen niderfieret, sprach Anthoni zum wirt: „Wirt, mich dunkt, du habest seltzam gest und sigest du nit vill besser; ich sagen dier, wirt, leg uns, das wier sicher sigen, oder wier wend dier ein wäsen machen, das dier das huß zů eng můß werden.“ Do begärten die schelmen angentz mit unsren gsellen zů spilenn im schachzabell (so nanten sy den schach; das wertlin hat ich nie ghört). Als man nun sy niderfůrt, ich und die andren kleinen bůben ungeessen im roßstall lagen, waren in der nacht ettlich, villicht der wirt selber, für kamer thür komen, hatt wellen uffschliessen; do hat Anthonius inwennig ein schruben ingeschrubet für das schloß, das bett an thür gerukt und ein liecht entschlagen, dan er hatt allen weg wax kertzen by im und ein fürzüg; hatt die andren gsellen schnell uffgewekt. Wie das die schelmen horten, sind sy gewichen; am morgend fundent wier weder wirt noch knecht. Das sagten sy uns bůben. Wier waren ouch all fro, das uns im stall nütz was geschächen. Nach dem wier ietz by einer mill gangen waren, kamen wier zů lütten, welche, als sy ghört, wo wier die nacht gsin waren, verwundret sy, das wier nit all ermirt waren, dan vast das gantz dörfflin verargwont war der mördery halb.

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