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Das Deutsche Historische Museum versucht sich an einem ungetrübten Blick auf die Vergangenheit (2. Juni 2006)

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Während des anschließenden Rundgangs durch die zweistöckige Ausstellung wurde nicht nur die Bundeskanzlerin von den rund 8000 Exponaten auf einer Gesamtfläche von 7500 Quadratmetern überwältigt – vom komplett „eingerüsteten” Ritterross samt Reiter bis zur Uniform Friedrichs II., vom Flakgeschütz bis zum Dürer-Porträt Karls des Großen, von der mittelalterlichen Goldmünze bis zur Waschschüssel einer Arbeiterfamilie um 1900, von sparsam eingesetzten Film- und Videoinstallationen bis zum Originalhandwagen, mit denen Vertriebene aus dem ehemaligen Osten des Deutschen Reiches in Richtung Westen flohen.

Unmöglich, auch nur eine Ahnung von der Vielfalt der präsentierten Objekte zu vermitteln, die in grob chronologischer Abfolge und mit kurzen, deutsch-englischen Texten erklärt und in historische Epochen eingeordnet werden, nicht zuletzt in den europäischen Kontext.

Die Raumaufteilung ist großzügig und verständlich, auch wenn die Fülle und Attraktivität der Gegenstände zumindest den eiligen Zeitgenossen zum heillosen Zickzack-Kurs verführt.

Einige Kritiker haben die „konzeptionelle Zurückhaltung” und „Deutungsunlust” der „baukastenhaft arrangierten Museumsvitrinen” moniert und sprechen, wie der Feuilletonchef der FAZ, Patrick Bahners, recht despektierlich von einer Schau „ohne Hintersinn und Geheimnis”, die letztlich nicht mehr als ein „begehbares Schulbuch” sei. Süffisantes Resümée: „Der gut sortierte Positivismus des Deutschen Historischen Museums darf als demokratische Errungenschaft gelten.”

So spricht der Aristokrat des Geistes über das „Volk, das sich von seiner Geschichte nicht mehr beunruhigen lassen will”.

Wir verstehen.

Während die einen ihrem begriffslosen Patriotismus frönen, dürstet es die anderen nach Geschichtsphilosophie, nach dem großen transzendenten Wurf. Und mittendrin also das Museum. Es lädt zum Flanieren ein, zum Schauen und Staunen, zum Lesen und Denken, entspannt und dennoch voll Neugier.



Quelle: Reinhard Mohr, „Es ist vollbracht!”, Spiegel Online, 2. Juni 2006. http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,419500,00.html

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