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Das Deutsche Historische Museum versucht sich an einem ungetrübten Blick auf die Vergangenheit (2. Juni 2006)

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Gleichwohl schwebt die ewige Frage, ob und wie aus der Geschichte zu lernen sei, weiter im Raume. Doch es gibt etwas Neues, das wohl nur deshalb keinem mehr wirklich auffällt, weil wir uns inzwischen daran gewöhnt haben: dass die deutsche Geschichte auch glückliche Augenblicke kennt, in denen Freiheit und Einheit zueinander finden – der alte Traum der Revolutionäre von 1848.

Bundeskanzlerin Angela Merkel wies in ihrer Ansprache auf die bemerkenswerte Koinzidenz hin, auf den „geschichtsträchtigen Moment am geschichtsträchtigen Ort”. Denn das barocke Zeughaus beherbergte nicht nur Preußens Waffenarsenal, sondern – bis 1989 – auch das DDR-Museum für deutsche Geschichte, in dem, streng marxistisch-leninistisch, schon Thomas Müntzer und die Bauernkriege im ausgehenden Mittelalter auf Erich Honecker, Egon Krenz, Erich Mielke und das ZK der SED zuzulaufen schienen.

„Historisch-dialektischen Materialismus” nannte man das damals, ein unverrückbares Naturgesetz der geschichtlichen Entwicklung, die in der Diktatur des Proletariats ihren vorläufigen Höhepunkt erklommen hatte.

Ausdrücklich erinnerte Merkel an diese unerfreuliche Erbschaft, die sich im Glücksmoment von Mauerfall und Wiedervereinigung dialektisch und kongenial mit den Kohlschen Museumsplänen verband. Trotz der ideologischen Zurichtung barg die Sammlung des DDR-Museums, ein ganz praktischer Glücksfall, unwiederbringliche Schätze, seltene Originalstücke in Hülle und Fülle.

Bald nach der „Wende” von 1989/90 war klar, dass ein deutsches Nationalmuseum, das man am Ende allerdings doch lieber „Deutsches Historisches Museum” nannte, nur im alten Zeughaus seinen idealen Platz finden konnte – zwischen Lustgarten und Brandenburger Tor, zwischen Alter Nationalgalerie und Kronprinzenpalais.

Hier, so Merkel, soll nun niemandem mehr ein „Geschichtsbild” aufgedrängt werden. Jeder solle sich selbst ein Bild von den „Höhen und Tiefen vergangener Tage” machen. Vielleicht könne ja die weithin immer noch „geteilte Erinnerung” in Ost und West durch historische Anschauung versöhnt werden – womöglich zu einem ein Geschichtsbild, das keine pseudowissenschaftliche Naturgesetzlichkeit kennt, sondern „offen, vielschichtig und umfassend” ist. Ein differenziertes Geschichtsbewusstsein, das zu Orientierung und Identität der Nation beitrage.

Stolz wies DHM-Direktor Hans Ottomeyer – „Ich bin überglücklich, ringe um Worte” – darauf hin, dass das Publikum seines Museums, zu dem auch der wunderbare gläserne (An-)Bau des chinesisch-amerikanischen Architekten Pei mit vielen Wechselausstellungen gehört, außerordentlich jung sei.

„Geschichte hat Konjunktur” stellte Ottomeyer fest und hob noch einmal das Museumskonzept hervor: Authentizität statt Inszenierung. Kein Ersatz für ein Geschichtsstudium oder die Lektüre dicker Bücher, sondern das Angebot eines zuallererst sinnlichen Gesamteindrucks, der bei jedem Besucher andere Gedanken und Gefühle auslösen mag.

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