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„Ärztlicher Rat für die körperliche und seelische Gesundheit der Kinder” (1794)

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61. Darf man den Kindern die Speisen vorkauen?
Nein, das ist eckelhaft und schädlich.

(Anm. Die kleinen Kinder an einem Sauglappen, (Zucker-Tis, Lutscher, Zulp, Schnuller) saugen zu lassen, oder an einem Nutsch- oder Zutschkännchen zu tränken, sind sehr schlimme, eckelhafte Gewohnheiten, die den Kindern Bauchgrimmen verursachen und viel schaden.)

62. Was ist überhaupt bey dem Ernähren der Kinder vorzüglich zu beobachten?
Daß sie ordentlich und mäßig genährt, und weder durch Milch, noch durch Speisen überfüttert werden: es darf daher Niemand den Kindern Speisen zustopfen, oder außer der Zeit geben; sondern die Aeltern allein müssen die Nahrung ihres Kindes besorgen.

63. Thun liebreiche, sorgfältige Mütter wohl, wenn sie ihre kleinen Kinder zu sich ins Bett nehmen?
Nein; es ist gefährlich und schädlich; die Kinder müssen daher allein in ihrem Bette liegen. [ . . . ]

64. Muß man kleine Kinder überhaupt sehr warm halten?
Nein, man muß sie nicht zu warm halten.

65. Ist es gut, daß man den kleinen Kindern den Kopf bedeckt?
Nein, es ist nicht gut; sie bekommen dadurch eine schmierige Borke und Grind auf den Kopf; und das Zahnen wird ihnen schwer und gefährlich.

(Anm. Von der Geburt an muß der Kopf der Kinder bloß und unbedeckt seyn. Die Mütter werden finden, wenn sie, wäre es auch in einer kalten Winternacht, die Hand auf den Kopf der kleinsten Kinder legen, daß derselbe immer warm, nie kalt, ist.)

66. Kinder sehen nach allen Gegenständen und vorzüglich nach dem Lichte, was muß man dabey beobachten?
Man muß sie gerade vor sich hin, nie von der Seite, sehen lassen, sonst lernen sie schielen.

67. Wodurch wird den Kindern das Zahnen schwer und gefährlich?
Durch Mützen und warme Kopfbedeckungen, durch Unreinlichkeit und durch schlechte Nahrungsmittel.

(Anm. Selbst die Natur verursacht beym Ausbruche der Zähne Schmerz, und das Kind zieht sich nachher noch manchen Schmerz selbst zu. Es wird gut seyn, hier zu bemerken: 1. Daß der Schmerz der erste Lehrer des Menschen sey; er lehrt ihn, Übel und Schmerz zu fliehn, und er macht ihn vorsichtig, mitleidig, menschlich und beherzt. 2. Reiner Körper-Schmerz thut in sehr vielen Fällen, und vorzüglich in den Jahren der Kindheit, dem Menschen und seiner Glückseligkeit weniger Schaden, als Seelen-Schmerz, wenn man einem Kinde unrecht thut, es erzürnt, böse macht und verächtlich behandelt; und eben so schlimm ist es Kindern Furcht und Schrecken einzujagen.)

68. Wenn Kinder anfangen gehen zu lernen, was muß man da beobachten?
Man muß sie weder durch Gängelbänder und Laufstühle, noch durch Halten an den Armen gehen lehren; sondern man muß die Kinder kriechen und das Gehen selbst lernen lassen.

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