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Das preußische „Oktoberedikt” von 1807, unterzeichnet von König Friedrich Wilhelm III. und Minister Karl Freiherr vom und zum Stein, unter anderem (9. Oktober 1807)

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§ 8. Jeder Lehns- und Fideikommiß-Besitzer ist befugt, die zum Retablissement der Kriegsschäden erforderlichen Summen auf die Substanz der Güter selbst, und nicht blos auf die Revenüen derselben, hypothekarisch aufzunehmen, wenn nur die Verwendung des Geldes von dem Landrath des Kreises oder der Departements-Landschafts-Direktion attestirt wird. Nach Ablauf dreier Jahre, seit der kontrahirten Schuld, ist der Besitzer und sein Nachfolger schuldig, von dem Kapital selbst, jährlich wenigstens den funfzehnten Theil abzutragen.

§ 9. Jede, keinem Ober-Eigenthümer unterworfene Lehns-Verbindung, jede Familien- und jede Fideikommiß-Stiftung, kann durch einen Familien-Schluß beliebig abgeändert, oder gänzlich aufgehoben werden, wie solches in Absicht der Ostpreußischen (mit Ausschluß der Ermeländischen) Lehne, bereits im Ostpreußischen Provinzialrecht, Zusatz 56. verordnet ist.

§ 10. Nach dem Datum dieser Verordnung entsteht fernerhin kein Unterthänigkeits-Verhältniß, weder durch Geburt, noch durch Heirath, noch durch Uebernehmung einer unterthänigen Stelle, noch durch Vertrag.

§ 11. Mit der Publikation der gegenwärtigen Verordnung hört das bisherige Unterthänigkeits-Verhältniß derjenigen Unterthanen und ihrer Weiber und Kinder, welche ihre Bauergüter erblich oder eigenthümlich, oder Erbzinsweise, oder Erbpächtlich besitzen, wechselseitig gänzlich auf.

§ 12. Mit dem Martini-Tage Eintausend Achthundert und Zehn (1810.) hört alle Guts-Unterthänigkeit in Unsern sämmtlichen Staaten auf. Nach dem Martini-Tage 1810. giebt es nur freie Leute, so wie solches auf den Domainen in allen Unsern Provinzen schon der Fall ist, bei denen aber, wie sich von selbst versteht, alle Verbindlichkeiten, die ihnen als freien Leuten vermöge des Besitzes eines Grundstücks, oder vermöge eines besondern Vertrages obliegen, in Kraft bleiben.

Nach dieser Unserer Allerhöchsten Willensmeinung hat sich ein Jeder, den es angeht, insonderheit aber Unsre Landes-Kollegia und übrigen Behörden genau und pflichtmäßig zu achten, und soll die gegenwärtige Verordnung allgemein bekannt gemacht werden.



Quelle: Sammlung der für die Königlichen preußischen Staaten erschienenen Gesetze und Verordnungen von 1806 bis zum 27. Dezember 1810. Anhang zu der seit dem Jahre 1810 edirten Gesetz-Sammlung für die Königlich preußischen Staaten. Berlin 1822. Nachdruck: Bad Feilnbach, 1985, S. 170-73.

Abgedruckt in Walter Demel und Uwe Puschner, Hg., Von der Französischen Revolution bis zum Wiener Kongreß 1789-1815, Deutsche Geschichte in Quellen und Darstellung. Herausgegeben von Rainer A. Müller, Band 6. Stuttgart: P. Reclam, 1995, S. 327-32.

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