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Die Einschätzung der Reichsarmee nach ihrer Niederlage unter österreichischem Kommando bei der Schlacht von Roßbach (24. November 1757)

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Ew. Kay[serliche] May[estät] erlauben Mir, daß Ich Mich eines Gleichnus bedienen möge: Diese Leuthe seyen nicht anders zu betrachten, als diejenige Hetz-Hunde, die von der besten Razza, aber noch nicht eingehetzet seyn; ein guter Hetzmeister wird solche zum erstenmahl nicht gleich an einen Bären oder Löwen wagen, maßen sie sonsten auf einmahl würden abgeschröckt und furchtsam gemachet werden, sondern er giebt ihnen zuförderist ein schwaches und hernach ein etwas bißigeres Thier, endlich aber und zuletzt, da sie das Anpacken schon gewohnt seynd, hetzet er dieselbe auf alles an, was ihm nur ins Gesichte kommet. Hätte man mit diesen Trouppen auf eine nemliche Art verfahren, hätte man ihnen die Evolutiones, die Schwenckungen, das Auf- und Abmarchiren, die Art und Weise, wie sie sich vor dem Feind formiren, und wie sie manoeuvriren sollen, zeigen, hätte man sie in denen Kriegs-Reguln, was ein jeder in seinem Caractere, auf Zug und wachten, im Campiren, Marchiren und Operiren, auf Détachements, Bedeckung der Artillerie, Bagage, Magazins, p.p., hauptsächlich aber im Angesicht des Feindes zu thun habe, unterrichten und mit einem Wort, hätte man dieselbe in eine rechtschaffene Kriegs-Disciplin setzen können: So stelle Ich Selbsten nicht in Zweiffel, daß sie ihre Schuldigkeit so gut, als andere, gethan haben und noch thun würden; allein, so haben aber diese des Feuers und feindlichen Angesichts vollkommen ungewohnte Leuthe gleich zum erstenmahl gegen den allervigoureusesten Feind, der nunmehro in Europa ist, angeführt werden müßen, und das Exempel der Französischen Trouppen, so doch im Feuer geübte Soldaten seyn, hat ihnen warrlich den Muth nicht wachsen machen können; mithin wird es Ew. Kay[serlichen] May[estät] ein leichtes seyn deren Horoscop heraus zu ziehen.

Da es nun dermahlen nicht darauf ankommt, Allergnädigster Herr, in welchen Stand diese Trouppen mit der Zeit kommen werden, sondern in was vor einem Stand sie würcklich de praesenti sich befinden? so muß Ich, nach obangeführter zu zweyenmahlen vor allen Generalen in dem Kriegs-Rath geäußerten Meynung, dabey beharren, daß pro hic et nunc dieselbe allein, und ohne einen mächtigen Soutien von Kay[serlich-]Königl[ich]en Trouppen, diesem Feind nicht können unter die Augen gestellet werden.

Hiernächst, Allergnädigster Kayser und Herr, müßen Ihro Kay[serliche] May[estät] wißen, daß keine Wagenburg vorhanden, die Bespannung der meisten Regiments-Proviant und Zelter-Wägen, ja, sogar der Artillerie und Munition dahin ist, nicht minder einige Regimenter vollkommen ohne Zelter sich befinden; Dero Erleuchteten Allerhöchstem Urtheil und Entscheidung stelle Ich also anheim, ob, und wie sothane Trouppen, sonderheitlich in dieser späten Jahres-Zeit, zu bewegen seyen? Hierzu kommt noch der ohngemein-wichtige Umstand, daß Ich mit Cavallerie so gut, wie gar nicht, versehen bin; einestheils habe Ich derselben sogar in der Quantitaet zu wenig, und anderntheils ist an der Qualität ein großer Mangel.

Gegen die Bravoure der Reichs-Cavallerie habe ich nicht das mindeste zu errinnern, aber, Mein Gott! Allergnädigster Herr, in dem Manoeuvre ist dieselbe völlig inexpert, mithin komt der König in Preußen mit seiner Cavallerie geschwinder um die ganze Armée herum, als Ich nur mit einigen Schwadronen von dieser eine Schwenkung machen kan, und Ew. Kay[serlichen] May[estät] ist es doch Allergnädigst nicht unbekannt, daß diesem Feind pur allein durch geschwinde Manoeuvres etwas abzugewinnen ist.

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