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Das preußische Finanzedikt von 1810, gezeichnet von Staatskanzler Hardenberg und König Friedrich Wilhelm III. (27. Oktober 1810)

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Es versteht sich übrigens, daß die durch das Kontinental-System für jetzt nothwendig gewordenen hohen Abgaben von Kolonial-Waaren, die für diese bestimmten niedrigeren Sätze in sich fassen.

Ueberhaupt aber soll das drückende jener neuen Auflagen dadurch möglichst vergütigt werden, daß Wir mittelst einer gänzlichen Reform des Abgaben-Systems alle nach gleichen Grundsätzen für Unsere ganze Monarchie von Jedermann wollen tragen lassen. Auf dem kürzesten Wege wird daher auch ein neues Kataster angelegt werden, um die Grundsteuer danach zu bestimmen.

Unsere Absicht ist hierbei keinesweges auf eine Vermehrung der bisher aufgekommenen gerichtet, nur auf eine gleiche und verhältnißmäßige Vertheilung auf alle Grundsteuerpflichtigen. Jedoch sollen alle Exemtionen wegfallen, die weder mit der natürlichen Gerechtigkeit, noch mit dem Geist der Verwaltung in benachbarten Staaten länger vereinbar sind. Die bis jetzt von der Grundsteuer befreit gebliebenen Grundstücke, sollen also ohne Ausnahme damit belegt werden, und Wir wollen, daß es auch in Absicht auf Unsere eigene Domanial-Besitzungen geschehe. Wir hoffen, daß diejenigen, auf welche diese Maaßregel Anwendung findet, sich damit beruhigen werden, daß künftig der Vorwurf sie nicht weiter treffen kann, daß sie sich auf Kosten ihrer Mitunterthanen, öffentlichen Lasten entziehn, so wie mit den Betrachtungen: daß die von ihnen künftig zu entrichtende Grundsteuern dem Aufwande nicht gleich kommen, den sie haben würden, wenn man die ursprünglichen auf ihren Gütern haftenden Ritter-Dienstverpflichtungen von ihnen forderte, für welche die bisherigen ganz unverhältnißmäßigen Abgaben gegen die Grundsteuer wegfallen; wie auch, daß freie Benutzung des Grundeigenthums, völlige Gewerbefreiheit und Befreiung von andern Lasten, die sonst nothwendig gewesen seyn würden, statt finden sollen; endlich daß die Grundsteuer schon in einem großen Theile Unserer Monarchie von den Gutsbesitzern wirklich getragen wird.

Wir wollen nämlich eine völlige Gewerbefreiheit gegen Entrichtung einer mäßigen Patentsteuer und mit Aufhören der bisherigen Gewerbesteuern verstatten, das Zollwesen simplifiziren lassen, die Bann- und Zwanggerechtigkeiten aufheben und zwar da, wo ein Verlust wirklich nach den vorzuschreibenden Grundsätzen erwiesen wird, gegen eine Entschädigung abseiten des Staats; dem Theile Unserer Unterthanen, welcher sich bisher keines Eigenthums seiner Besitzungen erfreute, dieses ertheilen und sichern, auch mehrere drückende Einrichtungen und Auflagen gänzlich abschaffen. [ . . . ]

Wir haben die landesväterliche Absicht, Unsere Domainen zur Tilgung der Staatsschulden zu bestimmen. Zu dem Ende ist ihr successiver Verkauf beschlossen [ . . . ].

Ferner haben Wir beschlossen, die geistlichen Güter in Unserer Monarchie zu säkularisiren und verkaufen zu lassen, das Aufkommen davon aber gleichfalls dem Staatsschulden-Abtrage zu widmen, indem Wir für vollständige Pensionirung der jetzigen Pfründner und für reichliche Dotirung der Pfarreien, Schulen und milden Stiftungen sorgen. Wir haben hierin nicht nur das Beispiel fast aller Staaten und den allgemeinen Zeitgeist vor Uns, sondern auch die Ueberzeugung, daß Wir weit mehr der Gerechtigkeit gemäß handeln, wenn Wir jene Güter unter den oben erwähnten Bedingungen zur Rettung des Staats verwenden, als wenn Wir zu diesem Ende das Vermögen Unserer getreuen Unterthanen stärker anziehen wollten.

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