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Friedrich Diesterweg: „Pädagogisches Krebsbüchlein” (1856)

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7. Wie man ein Kind illiberal erzieht

1. Gleich nach der Geburt läßt man es so einschnüren, daß es Arme und Hände nicht frei bewegen kann.
2. Auf die durch Schreien des Säuglings angedeuteten Triebe und Wünsche wird nicht geachtet.
3. In den folgenden Jahren zwingt man das Kind, auch die ihm widerstehende Speise zu genießen.
4. Freie Bewegung in Zimmer und Garten, Spielen nach freier Lust usw. wird nicht gestattet.
5. Wollen und Tun nach eigenem Belieben wird dadurch verhindert, daß man es gewöhnt, bei allem nach dem Willen der Eltern und Lehrer zu fragen.
6. Zwischen eigenem Sinn und Eigensinn wird kein Unterschied gemacht; alles, was das Kind gegen den Willen seiner Erzieher will, ist Eigensinn.
7. Dieser „Eigensinn" wird ihm „gebrochen".
8. Nach den Anlagen zu diesem oder jenem Lerngegenstande wird nicht gefragt.
9. Eignes Urteil ist Naseweisheit.
10. Durch willkürliche, launenhafte oder auch despotische Behandlung erziele man vollkommene Einschüchterung!
11. In Gegenwart fremden Personen oder Erwachsenen wird dem Kinde weder freie, wenn, auch anständige Bewegung, noch auch ein Wort gestattet; gegen „Vornehme" wird ihm knechtiger Sinn eingewöhnt.
12. Die Eltern bestimmen ohne Rücksicht auf Anlagen und Naturbestimmung nach äußeren Rücksichten die Wahl des Berufs.

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