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Maria Theresias Politisches Testament (1749-50)

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Alles dieses hat vormals umb so leichter geschehen können, als gedachte praepotente ständische Subjecta, welche mit dahiesigen Ministris, so denen Ländern vorgesetzet gewesen, causam communem gemachet, gemeinschaftlich sowohl das landesfürstliche als das ständische eigene Wohl und Wehe in ihren Händen gehabt, mithin damit nach eigenem Wohlgefallen disponieret, eben darumen hiesige Ministri derlei ihnen so nützlich geweste Praerogativen kräftigst unterstützet.

Und obzwar sich hieraus ergibet, daß solche selbst dem corpori statuum zum Schaden gereichet, so sind doch die Stände überhaupt hierauf umb so mehrers versessen, als die mehreste aus ihnen von schlechtem Begriff und sich leicht ein Blendwerk durch derlei Accredidierte aus ihrem Gremium vor Augen legen lassen.

Ich verlange weder selbsten noch meinen Nachfolgern einzuraten, die Stände in nützlichen und wohlerworbenen Privilegiis zu kränken, anerwogen das Aufnehmen meiner Länder mir über die Maßen am Herzen liegt und also zwar, daß nicht oft genung repetieren kann, daß, wann ihre Privilegien so klar gefunden hätte oder sie die Administration justizmäßiger als ich oder der Landesfürst geführet hätten, ich nicht allein keinen Anstand genommen hätte, meine Autorität völlig selben zu unterwerfen und zu überlassen, sondern ehender meinen Nachkömmlingen selbe diminuieret und benommen oder eingeschränket hätte, weilen der Länder Wohl und Gutes allzeit meinem Particulari, Famigle und Kindern vorgezogen haben würde. Allein übel hergebrachte und durch Connivenz des Ministerii eingewurzelte Mißbräuche können weder mir noch meinen Nachfolgern am allerwenigsten aber dem gemeinen Wesen zu einem unverwündlichen Nachteil gereichen, folgbar die Bestätigung solcher vermeinten Privilegien, die sich auf einen Mißbrauch und ein übles Herkommen gründen, die äußerste Behutsamkeit und eine reifliche Überlegung erheischet, allermaßen sich zum öftern äußert, daß landesfürstliche aus Connivenz neglegierte jura aus einem alten Herkommen wohl gar in Zweifel gezogen, mithin auch darinnen dem Landesfürsten die Hände gebunden werden wollen; unter welchen fürnehmlich die Obereinsicht in das ständische Domesticale und in dessen wirtschaftliche Gebahrung, dann die in denen Ländern zu gottgefälliger Gleichheit aus Gewissenstrieb und zu Sicherstellung des gemeinen Wesens vorzunehmende Peraequation und Rectifikation zu zählen sind.

Fürnehmlich haben die österreichische Länder alle conatus angewendet, umb meine Einsicht und Disposition in diesen Hauptobjectis auszuschlüssen.

Zu dem Ende machete den Anfang mit den innerösterreichischen Ländern und ließe mich umb so weniger irre machen, in Betracht der von ihnen geführten so üblen Wirtschaft sowohl denenselben das nötige Domesticale vorzuschreiben, als aus landesfürstlicher Macht und Gewalt zu meiner und der Länder eigenen Beruhigung die Rectification nach denen anderwärts schon beobachteten Grundsätzen und Principiis zu veranlassen, auch deren weitere Betreib- und Zustandbringung allerdinges auf das eifrigste besorge.

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