GHDI logo

Maria Theresias Politisches Testament (1749-50)

Seite 15 von 28    Druckfassung    zurück zur Liste vorheriges Dokument      nächstes Dokument


Dieses war die Situation meines Gemütes in denen Kriegstroublen bis zum Dresdner Frieden. Die Beilag, so den ganzen Hergang der Sach sowohl in politischen als innerlichen Begebenheiten anzeiget, so in dieser Zeit sich zugetragen, habe wohlbedacht durch Bartenstein verfassen lassen auch mit großer Attention solche durchgegangen, sowohl zu künftiger meiner Rechtfertigung als noch mehreren Instruction meines Nachfolgers, damit er weiß, wie die Sachen in der Welt gegangen, wo viele davon raisonieret und noch raisonieren und aus denen Anteactis und Operationen kann nachgesuchet und dargetan werden, warumen ein und anderes geschehen und öfters geschehen müssen. Dann eine jede Regierung wird kritisieret, wann ein anderer Nachfolger ist.

Bis zu dem Dresdner Frieden habe herzhaft agieret, alles hazardieret und alle Kräften angespannet, weilen neben meinen vorhin ausgesetzten Principio noch ein besonderes gehabt, daß nämlich meinen armen Erblanden nicht Unglückseligeres geschehen könnte, als in preußische Hände zu verfallen; wie dann, soferne nicht alle Zeit gesegneten Leibes gewesen, mich gewiß niemand aufgehalten hätte. selbsten diesem so meineidigen Feinde entgegenzusetzen, Gott aber hat es anders verhänget; man kann sich einbilden, mit dieser Liebe und Tendresse, als vor die Länder gedacht, daß sie alle Zeit mir und meinen Kindern sogar vorgezogen, wie unerträglich und trostlos mir fallen muß deren will nicht sagen Haß aber Unerkenntlichkeit zu ertragen.

Und wie gesehen, daß die Hände zu dem Dresdner Frieden reichen mußte, so habe auch auf einmal meine Gedenkensart geändert und solche allein auf das Innerliche deren Länder gewendet, umb die erforderliche Maßreguln zu ergreifen, wie die teutschen Erblande von denen so mächtigen beeden Feinden, Preußen und Türken, bei ermanglenden Festungen und baaren Geldes, auch geschwächten Armeen noch erhalten und zu beschützen wären.

Das Systema dieses Hauses ändert sich völlig, indem selbiges vormals die Bilanz gegen Frankreich gehalten, nunmehr aber hierauf nicht mehr zu gedenken, sondern alleine auf seine innerliche Konservation, einfolglich die Niederlande und Italien keine Objecta mehr waren, den Krieg zu verlängern; und also mußte man sehen, mit guter Art, es koste was es wolle, herauszukommen.

Dieses ware die Ursach, warumben man den Aachener Frieden so geschwind hat schließen machen. Und seit dem Dresdner Frieden ware mein einziges Trachten, mich von der Länder Situation und Force zu unterrichten, hiernächst die bei denenselben und in denen Dicasteriis eingeschlichene Abusus, in deren Ansehen alles in dem verwirrtesten, üblesten Stande und Konfusion befunden, rechtschaffen zu ergründen und zu erkennen. Diejenigen, die mir hievon Connoissance geben sollten, waren dessen nicht capable oder wollten es nicht tun.

Auch in diesen bin Bartenstein alles schuldig, welcher mir vieles an die Hand gegeben und das wahre Licht angezündet, wo nachgehends etwelche Particulares gefunden, die mir durch den Canal des Cabinettssecretarii Koch, den zu selbiger Zeit aufgenommen, vieles beibringen lassen, wie auch unter der Hand geheime Informationes hier und in denen Ländern mir zu procurieren alle Mühe angewendet. Dessen Verschwiegenheit hat wenig ihres gleichen, dabei er ungemein ehrlich, christlich und ohne Intriquen ist. Er war schier mit mir auf den Fuß wie Tarrucca, dem Herberstein nach seinem Tod substituieret, zu meinem Particularconfidenten und Rat, außer daß selben als der teutschen Sprach kundigen die Militaria und Kanzleiagenda auch Ländersachen von ihme extrahieren und mir referieren, nicht minder darauf die Resolutiones zu meiner Einsicht und Approbation entwerfen lassen.

erste Seite < vorherige Seite   |   nächste Seite > letzte Seite