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Maria Theresias Politisches Testament (1749-50)

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Jedoch ware meine Sorgfalt insolange umbsonst, bis mich nicht gezwungen gesehen, die innerliche Hauptverfassung abzuändern.

Die Disharmonie zum Schaden meines Dienstes ware so groß zwischen denen sämtlichen Stellen, daß ich wie meine Vorfahren bemüssiget ware, meine mehreste Zeit zur Schlichtung dieser dienstschädlichen Disputen anzuwenden. Die größte Erbitterung wurde von Seiten des Ministerii alle Zeit gegen die Hofkammer gerichtet und fast alle in größter Uneinigkeit stehende Ministri kamen darinnen überein, solche zu unterdrucken.

Solche Stelle ware an sich selbst ein lebloser Körper, so von allen Seiten verlassen ware. Diese sollte immer Geld verschaffen, wo doch die Kanzleien alle Gelegenheiten, solches zu erlangen, öfters aus dem Wege raumeten. Die über Kräften schreitende Verschuldung des Aerarii und die außerordentliche Konfusion, so bei der Hofkammer fürgewaltet, welche aus Nebenabsichten mehrmalen mit Fleiß unterhalten wurde, haben zu verschiedenen von der Hofkammer verübeten Fehltritten, dargegen alle Ministri und Publicum reclamieret, Anlaß gegeben. Jedoch hat fast niemalen das Ministerium die media, die Bedürfnisse sicher zu stellen, suppeditieren wollen, wodurch leichtlich ermeßlich der alle Zeit fürgedauerte Krieg zwischen denen Stellen zum Umsturz der Monarchie sich verewiget hätte, wann nicht dieses Unwesen aus der Wurzel zu beheben gesuchet. Davon fernerhin das mehrere anzeige und weiters zu der


Dritten Abteilung

schreite, nämlich zu denen Maßreguln, welche in dem neun Jahr angedauerten so beschwerlichen letzteren Krieg beobachtet und durch welcherlei Ursachen bewogen worden, demjenigen, so da geschehen, die Hand zu bieten.

Ich habe in dem ersten Teil die höchst betrübten Zufälle bei Antretung meiner Regierung, meine Inexperienz und die unterschiedliche Factines angezeiget, in dem anderen aber, wie die von älteren Zeiten her eingeschlichene große Staatsfehler anfänglich zu erkennen, noch weniger vollkommen abzustellen mir ohnmöglich ware, welches verursachet, daß die Sachen in die unglückliche Situation gebracht und verfallen seien, woraus ohne augenscheinlichen Mirakul und besondere Hilf Gottes man niemalen eluctieren können. Ich habe schon gemeldet, daß mit Freuden zu nichts und zu einer Großherzogin von Toskana worden wäre, wann geglaubet hätte, daß es Gott also wollte. Weilen aber er mich zu dieser großen Last der Regierung auserwählet, so habe zum Principio gehabt, daß so lang als noch was finden werde zu helfen oder einige Resourcen vorhanden sein würden, ich solche anwenden wolle, und daß ich dieses zu tun schuldig seie. Solches hat mich in eine solche Gelassenheit des Geistes gesetzet, daß meine eigene Begabnüssen wie eines frembden seine angesehen, auch so wenig Haß vor meine Feind empfunden, daß ein Anteil an dem unglücklichen Begeben und Tod des bayrischen Kaisers genommen, dann vor die Franzosen in der Belagerung vor Prag nicht minder vor die Preußen wegen der erlittenen grausamen Kält und Ungemach, keineswegs aber vor des Königs Person, den zwar nicht gehasset, jedoch wegen seiner auch kein Mitleiden empfunden, weilen er solches niemalen gebrauchet, seinen falschen Charakter aber alle Zeit abhorrieret.

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