GHDI logo

Maria Theresias Politisches Testament (1749-50)

Seite 12 von 28    Druckfassung    zurück zur Liste vorheriges Dokument      nächstes Dokument


Dieses hat jene von meinen Vorfahren vor die große und mächtige in denen Ländern gezeigte Indulgenz und Gnade, obschon diese durch dererselben Milde und Wohltaten zu denen großen Mitteln gelanget, lediglich verursachet, zumalen gewisse Familien durch ihren erworbenen Credit es so weit gebracht, daß diese ansehnliche Chargen, sobald nur aus selbigen einer vorhanden ware, auf solche immer zuruckgediehen, mithin diese präpotente Principia de patre in filium fortgepflanzet worden, einfolglich die gänzliche Supprimierung dieser Obrist-Kanzler-Stelle eine zu Beförderung des Dienstes sehr nützliche Sache ist. Ohne ist es nicht, welcher Gestalt die böhmische Kanzlei weit mehrere Ordnung als die österreichische beobachtet und nicht leichtlich gestattet, daß ihrer Autorität ständischerseits allzu nahe getreten würde, alleine selbe truge kein Bedenken, von denen inneren Landesverfassungen dem Souverain meistens ein Geheimnüss zu machen, mithin zu invigilieren, damit selbter davon nicht allzu genau informieret werde. Dessen Beschönigung mußte sein, hierdurch zu verhindern, damit die Hofkammer sich in die Provincialia nicht einmischen möchte. Und solcher Gestalten ware untunlich, das landesfürstliche Ansehen und Befehle ohne der Kanzlei Einstimmung respektieren und gelten zu machen, mithin die obriste Kanzler Gelegenheit hatten, ihren Credit und gefällige Disposition immer mehrers und mehrers zu befestigen, auch zum öftern solche zum Nachteil derer übrigen Länder zu gebrauchen, welches vice versa auch von denen österreichischen Ländern zu verstehen, wann deren capi an Credit jenen, so die böhmisch zu verstehen, wann deren capi an Credit jenen, so die böhmische gouverniereten, überlegen waren.

Und nachdeme das Ministerium meistenteils mehr aus österreichischen als aus böhmischen Ministris bestanden, so haben auch größten Teils die erstere über letztere prädominieret.

Diese wahrhafte Umstände haben zu einem eingewurzelten beständigen Haß unter beiden Nationen Gelegenheit gegeben dergestalten, daß von denen Nationalministris bis auf die mindeste Membra oder Kanzleiräte alle sorgfältige Conatus stets angewendet worden, wie eine die andere rechtschaffen unterdrücken möchte. Jedoch hat die österreichische Landsmannschaft es allen übrigen abgewonnen und an Präpotenz alle andere überwogen.

Besonders haben die Hungarn solches empfunden, die man in einer allständigen Unterdruckung zu halten gesuchet auch sothane Nation von allen Diensten ausgeschlossen. Der scheinbare Vorwand ware darzu die daselbst fürgewaltete Unruhe und Rebellion usque ad tempus Caroli VI. Alleine die Billigkeit und reine Politique erheischet, die räudige Schafe von der Herde abzusondern, mithin jene, so eine Belohnung verdienen, nicht mit denen unwürdigen in gleicher Verdammnüss zu halten, wodurch notwendig diese in eine Kleinmütigkeit und Desparation versetzet werden müssen.

Solchemnach beweise, wienach die Ministri meiner Vorfahren sich keineswegs einer weislichen zu Beförderung des Dienstes gereichenden Politique, sondern nur des erworbenen starken Credits darzu bedienet, um das eigene Convenienz zu befördern und die Ministerialchargen auf ihre Familie und Befreundte fortzupflanzen und dem alten eingewurzelten Gebrauch ihres Vorfahrers zu folgen.

erste Seite < vorherige Seite   |   nächste Seite > letzte Seite