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Maria Theresias Politisches Testament (1749-50)

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Dieses aber verstehet sich nicht auf eine Scheinheiligkeit, Gleisnerei oder nicht kräftig mitwirkenden Fleiß, Arbeit und Sorgfalt zu des Staats und gemeinen Besten.

Hierbei werde was weniges von meinen Vorfahren melden. Diese haben aus großer Pietät viel und zwar die meisten Cameralgüter und Einkommen verschenket, welches zu selber Zeit zu Unterstützung der Religion und zu Aufnehmung der Geistlichkeit wohl hat geschehen können. Da aber Gott uns jetzund in denen teutschen Erblanden so gesegnet, daß sowohl die katholische Religion die florissanteste, als die Geistlichkeit genugsam und wohl fundieret ist, so fallet dieses Principium hinweg. Und wäre nicht allein nicht löblich, sondern hielte es viel mehr für sträflich, wann an die Geistlichkeit mehrers gegeben und abgetreten würde, weilen einerseits sie solches nicht bedürfen, andererseits aber jene so selbte besitzen, leider! nicht so anwenden, wie sie sollten, und anbei das Publicum sehr bedrucken. Dann kein Kloster in den Schranken der Stiftung verbleibet und viele Müßiggänger angenommen werden, welches alles eine große Remedur noch erfordern wird, wo mit der Zeit und nach guter Überlegung die Sachen weiters auszuführen gedenke.

Jedoch nehme von diesfälligen Maßreguln das Königreich Hungarn aus, allwo wegen der Religion noch viel Gutes zu bewirken wäre, worzu der daselbstige Clerus wohl beizuziehen, keinesweges aber allein mit ihnen, sondern hauptsächlich mit Weltlichen, die diesfälligen Grundsätze zu concertieren sein, welche fürnehmlich dahin abzielen müssen, wie die Seminaria, Collegia, Akademien, Spitäler vor die Kranke und Blessierte, Conservatoria vor die ledige Frauen wie in Italien zu besseren Erziehung der Jugend einzuführen: solchem nach sorgfältig dahin den Bedacht zu nehmen, jenes zu unterstützen und zu erweitern, was dem Publico, nicht aber in particulari denen Geistlichen, Mönichen oder Klöstern in allen Ländern zum Nutzen gereichet; wohl verstanden, daß auch diese heilsame Absicht nicht ehender gänzlich zu Stand gebracht werden könne, bis nicht der Militarstand der Notwendigkeit gemäß zu Erhaltung der Monarchie und zum Besten derer Länder und Unterthaner vollständig eingerichtet worden.

Welches auch von dem Camerali, wodurch die Hof- und Gesandtschafts-Erfordernüssen der Ordnung und Notwendigkeit nach zu bestreiten seie, nicht minder von dem Schuldenwesen, als woran gleichfalls die Conservation der Monarchie hanget und ohne welche kein Staat bestehen kann, zu verstehen ist. Wann einmal sothane Staatserfordernüsse in Richtigkeit gestellet, so ist ein Landesfürst schuldig zu Aufnahm oder Erleichterung seiner Länder und Untertanen, wie auch derer Armen alles anzuwenden, keineswegs aber mit Lustbarkeiten, Hoheiten und Magnifizenz die einhebende Gelder zu verschwenden.

Und obwohlen diese glückselige Zeit nicht erleben dürfte, so hoffe jedoch durch meine so beständige mühesame Bemühung, Sorg und Kummer die Sachen in einen solchen Stand zu setzen, daß, wann Gott seinen Segen darzu gibt, in fünfzig Jahren, auch vielleicht noch eher, man verspüren wird, wie gedacht habe; mithin mich zuversichtlich auf meine Nachfolger verlasse, daß selbe continuieren werden, in denen principiis der Tugend, Gottesforcht, Gerechtigkeit und väterlicher Liebe, Milde und Sorgfalt zu ihren Ländern und Untertanen zu beharren, so man ihnen in ihrer Jugend einzuprägen gesucht. Sollte solches, wo Gott davor behüte, nicht geschehen, so würde wünschen und von Gott inständig bitten, daß, wann frembde und die Feinde selbsten mehrere Verdienste hätten, und für ihre Länder besser sorgeten, daß solche denenselben tausendmal lieber zu Teil werden möchten.

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