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Maria Theresias Politisches Testament (1749-50)

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Dieser von so geraumen Zeiten her so fest Wurzel gefaßte Mißbrauch, so bei allen Departements fast gleich zu betreffen ware, wurde von mir zwar gleich anfänglich eingesehen, und wie stark mich auch deme entgegenstellete, so ware doch alles vergeblich und die damalige Zeiten gestatteten mir nicht solches sogleich mit Gewalt abzustellen.

Sothane Ministri waren schon meistenteils zu meines Herrn Vatters Zeiten in- und auswärts in großen Ansehen und durch ihre langwierige Dienste, andurch aber sich erworbene Verdienste hatten sich selbte eine große Experienz, dann des Publici Aufmerksamkeit und Vertrauen zugezogen; dahero umb solche Experienz mir zu Nutzen zu machen und sie meistens alte erlebte Ministres und doch Meriten hatten und ehrliche Männer waren, besonders bei damaligen Zeitläuften nicht ihrer entbehren können, andurch aber noch üblere Folgen zu veranlassen, so vermochte deren angewohnte Praepotenz nicht sogleich abzuändern, einfolglich die Sachen noch damalen, so wie sie gefunden, notwendig bis zu einer bequemlicheren Zeit beruhen lassen müssen.

Diese angezeigte Umstände führen mich zu der


Andern Abteilung,

nämlich auf die Mißbräuche, welche bei der österreichischen Regierung unter meinen Vorfahren nach und nach eingeschlichen.

Gleichwie die Pietät jene Grundsäulen ist, wodurch ein Regent den göttlichen Segen anhoffen kann, meine Vorfahren auch zu ihren bei der Nachwelt erworbenen unsterblichen Ruhm sich deren besonders befliessen, solcher Gestalten aber die göttliche Gnad und deren kräftigsten Beistand bei denen äußersten Gefahren, so den Umsturz der Monarchie angedrohet, dergestalten sichtbarlich sich zugezogen, daß je größer die Gefahr so wundernswürdiger der angediehene göttliche Beistand gewesen, auch ich selbsten meine gänzliche Erhaltung selben augenscheinlich zu danken habe, hiernächst bei so vieler mir zugedrungenen ganz außerordentlichen Beschwernüssen wahrgenommen, welchergestalten in meinem aufrichtigsten Vertrauen in die göttliche Vorsichtigkeit in keinerlei Wege hilflos gelassen worden: also kann nicht umhin, meine Nachfolger wohlmeinend zu erinnern, diesem Beispiel ihrer Vorfahrer auf das sorgfältigste nachzugehen, folglichen in allen Begebenheiten ihr wahres Vertrauen und gänzliche Zuversicht auf Gott und die von ihm anzuhoffende kräftigste Unterstützung vor allen Dingen jeder Zeit zu setzen und in allen eine reine Meinung ohne Nebenabsichten zu hegen.

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