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Maria Theresias Politisches Testament (1749-50)

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Dieser begnügte sich mit wenigen und sehr schwachen Regimentern, welche er nebst denen Generalen sich selbst aussuchete, und eben dahero erfolgete, daß teils sehr entfernete Regimenter kommandieret, weit nähere aber zuruckgelassen worden.

Ich schmeichlete mir, mittels der guten Harmonie der kommandierenden Generalen und des die Armee zu versorgenden Obristcanzlers viel Nützliches zu bewirken, alleine diese gute Einverständnüs wurde gar bald unterbrochen.

Wahr ist es, daß Neipperg über 14.000 Combattans nicht bei sich hatte, jedoch glaubete hiemit auszulangen, und einerseits ware zu Mobilmachung mehrerer Regimenter, da die Länder mit Anlagen gänzlich verschonet bleiben sollten, kein Geld vorhanden und der obriste Kanzler vermeinete durch einen unglaublichen Irrtumb, samb die Länder ohne solche zu ruinieren, nicht vermögend wären, die erforderliche Notdurft für eine mehrer Anzahl Truppen herbeizuschaffen. Andererseits aber, obschon Graf Uhlfeld aus Türkei versicherte, wie von dort aus nichts zu besorgen seie, so wollte jedoch das Ministerium auf den ganz neuerlich daselbst stabilierten Frieden nicht gänzlich vertrauen und funde sowohl diesfalls, als auch wegen dem Mißtrauen die Hungarn selbsten vor bedenklich allzu viele Truppen von der türkischen Granitz wegzuziehen.

Überhaupt wurde vermeinet, denen im Streit noch unerfahrenen Preußen mit diesen wenigen Truppen genungsam gewachsen zu sein.

Einige Ministri ließen auch ihre Hauptabsicht niemals fahren, die Umstände schlageten in Schlesien glücklich oder unglücklich aus, sich jederzeit und bei erster bester Gelegenheit mit Preußen zu setzen und zu vergleichen. Die Hoffnung, Preußen zu bezwingen, ware dahero umb so reeller, als man gegründete Hoffnung hatte, hierinen die Assistenz von Sachsen und Hannover zu erlangen, hiernächst jene von Rußland noch nicht gänzlich verschwunden ware.

Vermutlich dürfte auch erste erfolget sein, wann gleich anfänglich der Krieg in Schlesien mit mehrerer Macht und Vorsichtigkeit wäre unternommen worden. Alleine die obangezeigte Umstände haben diesfällige Lauigkeit an Seiten des Ministerii veranlasset. Wegen weiteren Kriegs mit Bayern wird unten Alles in der Beilage gefunden werden.

Die Fehler, so das Ministerium zu Lebzeiten meines Herrn Vatters begangen, fangeten mir zwar an, nicht unbekannt zu werden, allein, ohnerachtet mir alle Mühe gegeben, die Gedenkensart eines jeden in particulari zu ergründen, so habe mir jedoch nicht getrauet, in derlei wichtigen Geschäften besonders bei der anfänglich mir gebrechenden Experienz derselben Meinungen unmittelbar entgegenzuhandlen, vielmehr habe mich bemühet, die factiones zu unterbrechen und die Meinungen möglichster Maßen zu combinieren. Wiewohlen es mir nicht alle Zeit damit gelungen und ehender selbe vermehret, so habe jedoch in denen wichtigsten Beratschlagungen solches zu erreichen gesuchet.

Alleine die sich geäußerte Inconvenienzien waren dahero unvermeidentlich, weilen nach der vorgefundenen Verfassung jeder Minister gleichsam den Herrn und Meister in dem ihme übergebenen Departement abgabe, folglich darinnen allein denjenigen, so ihme nicht anständig ware, mit der in Handen gehabten Gewalt contracarieret und nur jenes befolget, so ihme anständig zu sein geschienen oder mit seiner vorgefaßten Meinung zu vereinbaren gewesen.

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