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Analyse des amerikanischen Außenministeriums zur sowjetischen Berlin-Note (7. Januar 1959)

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Die UdSSR spaltete nicht nur die Einheit der Alliierten auf der Viermächte-Ebene, sondern zerstörte auch jene gemeinsamen deutschen demokratischen Einrichtungen, die 1947/48 bereits vorhanden waren. Ein Beispiel ist die Liquidierung der politisch-juristischen Einheit von Groß-Berlin in den Jahren 1947/48. Erst griffen die Sowjets 1947 in die demokratischen Regierungsverfahren ein, und im Laufe des Jahres 1948 führten sie die formale und «rechtliche» Spaltung der Stadt herbei. Hier eine kurze chronologische Übersicht:

Seit dem Beginn der Besatzungszeit im Jahre 1945 galt Groß-Berlin bei der UdSSR wie bei den westlichen Alliierten als einheitliche Stadt. Es gab kein «Ost»- oder «West»-Berlin. Die Sowjets hatten jedoch kraft dessen, daß sie die Stadt erobert hatten, einen provisorischen Magistrat für die Stadt und ihre Verwaltungsbezirke ernannt.

Im Laufe des Jahres 1946 erzwangen die Sowjets die Fusion der Ostzonen-SPD (Sozialdemokratische Partei) mit der KPD (Kommunistische Partei) zur SED, der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands, in der Hoffnung, sie könnten durch dieses Manöver die Herrschaft der Kommunisten in Berlin und der Ostzone «legalisieren». Ihre Absicht war es, auf diese Weise die sozialistischen Wähler Berlins und der Ostzone zu «kassieren». Die «Vereinigung» wurde am 19./20. April 1946 vollzogen.

Die Berliner SPD widersetzte sich dem «Zusammenschluß» und bestand darauf, an den ersten Berliner Wahlen nach dem Kriege – am 20. Oktober 1946 – unter eigenem Namen als gesonderte Partei teilzunehmen.

Bei dieser Wahl erlitten die Kommunisten eine schwere Schlappe, wie der nachfolgenden Statistik zum Abstimmungsergebnis zu entnehmen ist:

SPD (Sozialdemokratische Partei) .......... 48,7%
CDU (Christlich-Demokratische Union .......... 22,2%
FDP (Freie Demokratische Partei) .......... 9,3%
Nichtkommunistische Stimmen .......... 80,2%
SED (Kommunisten) .......... 19,8%

Als die erste demokratisch gewählte Stadtverordnetenversammlung zusammentrat, verfügten die Kommunisten nur über ein Fünftel der Sitze. Das Stadtparlament wählte zunächst Bürgermeister Ostrowski (SPD) zum Oberbürgermeister. Im April 1947 wies jedoch die Versammlung ein schriftliches Abkommen Ostrowskis über eine Zusammenarbeit mit der SED in der Stadtverwaltung zurück, sprach Ostrowski das Mißtrauen aus, und dieser erklärte seinen Rücktritt. Am 24. Juni 1947 wählte das Stadtparlament den Berliner SPD-Führer Ernst Reuter zum Oberbürgermeister von ganz Berlin. Seine Wahl erfolgte in Übereinstimmung mit den Verfahrensbestimmungen sowohl der Alliierten Kommandantur als auch der Stadt Berlin. Die Sowjets jedoch, die fürchteten, Reuter werde statt ihrer Kandidaten Personen seines Vertrauens in die Stadtverwaltung berufen, legten gegen seine Wahl ein «Veto» ein. So kam es, daß die noch ungeteilte Stadt während der längsten Zeit ihrer demokratischen Regierungsperiode (Juni 1947 bis Dezember 1948) keinen Oberbürgermeister hatte. In Abwesenheit eines Oberbürgermeisters führte als stellvertretender Bürgermeister Frau Louise Schroeder die Amtsgeschäfte der Stadt.

Die Stadtverwaltung bestand völlig zu Recht auf der Aufsicht über alle Kommunalbeamten. Sofort setzte ein heftiges Ringen um die Leitung der Polizei ein. Dort hatten die Sowjets ihre Vertrauensleute untergebracht, die sich den von der Alliierten Kommandantur dazu ermächtigten rechtmäßigen deutschen Kontrollorganen nicht unterordnen wollten und weiterhin direkte Weisungen von den sowjetischen (also nicht von deutschen und nicht von alliierten) Beamten entgegennahmen. Dies führte zu einer Krisensituation in Berlin, bei der die Westalliierten, der rechtmäßige Magistrat und die Stadtverordnetenversammlung gleichermaßen gegen die eigenmächtige sowjetische Einmischung in kommunale Angelegenheiten protestierten. In den Westsektoren wurde die Frage schließlich geregelt, im Sowjetsektor jedoch widersetzten sich die kommunistischen Polizeibeamten bis zuletzt den Anordnungen der Alliierten Kommandantur und der Berliner Regierung.

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