GHDI logo

Analyse des amerikanischen Außenministeriums zur sowjetischen Berlin-Note (7. Januar 1959)

Seite 9 von 25    Druckfassung    zurück zur Liste vorheriges Dokument      nächstes Dokument


Auf den Außenministerkonferenzen nach dem Krieg legte die Sowjetunion den Hauptakzent auf Verfahrensfragen wie die Reihenfolge der Punkte der Tagesordnung und blockierte die Vorschläge des Westens, während gleichzeitig in Moskau ausgebildete Kommunisten mit der sowjetischen Armee im Rücken in Rumänien, Bulgarien, Ungarn, Albanien, in der Tschechoslowakei, in Polen und Ostdeutschland die Macht an sich rissen. Im Jahre 1947 weigerte sich die Sowjetunion in Moskau, elementare Informationen über ihre Besatzungszone in Deutschland bekanntzugeben, was den später als richtig erwiesenen Verdacht aufkommen ließ, daß aus großen Gebieten praktisch alles, was nicht niet- und nagelfest war, nach der UdSSR geschafft wurde. Diese Tatsachen erleichtern das Verständnis für die mangelnde Bereitwilligkeit der Sowjetbehörden, an der Schaffung einer ausgewogenen Wirtschaft in Deutschland, auf die man sich in Potsdam geeinigt hatte, mitzuwirken. Dies war ein äußerst ernster Rückschlag für den Aufbau in Europa und die Entwicklung einer wenn auch auf ein Mindestmaß beschränkten, selbstgenügsamen Wirtschaft in Deutschland.

Das Schicksal der osteuropäischen Länder, die unter dem Druck der auf ihrem Gebiet oder in ihrer Nachbarschaft stationierten sowjetischen Streitkräfte zu Satellitenstaaten wurden, zeigt die Diskrepanz zwischen den Zusagen der Sowjetunion von Jalta und ihren späteren Handlungen.

Die Vereinigten Staaten konnten nicht umhin, dieses sowjetische Verhalten trotz aller gegenteiligen Versprechungen und Erklärungen als Zeichen der tatsächlichen Politik der UdSSR zu deuten. Die sowjetische Mißachtung feierlicher Abkommen und anerkannter Grundsätze erstickte das Wohlwollen, das das amerikanische Volk für die UdSSR empfunden hatte, und überzeugte sämtliche Regierungen im Westen von der Notwendigkeit, Verteidigungsvorkehrungen gegen die Bedrohung durch weitere sowjetische Expansionsversuche zu treffen.

Stalin erklärte in seiner Moskauer Rede vom 9. Februar 1946 den «kalten Krieg» und legte die kommunistische Nachkriegslinie fest. In dieser Rede machte Stalin vor aller Welt klar, daß das im Kriege eingegangene Bündnis mit den Westmächten eine Notlösung gewesen und nicht als Hinweis darauf zu werten sei, daß die Zusammenarbeit zwischen der Sowjetunion und ihren einstigen Verbündeten fortbestünde oder fortgesetzt werde.

Er rief seinen Zuhörern ins Gedächtnis, daß nach der kommunistischen Doktrin Kriege solange unvermeidbar seien, bis die kommunistischen Parteien in den kapitalistischen Ländern die Macht errungen hätten, und er umriß die wirtschaftlichen Pläne, nach denen die Sowjetunion die Voraussetzungen für die Führung des «unvermeidbaren» künftigen Krieges schaffen müsse.

Er brüstete sich mit der Macht des Sowjetstaates und seinen Leistungen während des Krieges und setzte die Welt davon in Kenntnis, daß die Sowjetunion nicht auf den Lorbeeren des zweiten Weltkrieges auszuruhen gedenke. Seine Forderung nach Anerkennung der These, daß «die sowjetische Sozialordnung als Organisations- und Gesellschaftsform jeder nichtsowjetischen Sozialordnung überlegen ist», verhallte bei den nichtsowjetischen Völkern außerhalb des sowjetischen Machtbereichs nicht ungehört. Sie erblickten darin vielmehr die Erneuerung des kommunistischen Aufrufs an alle Mitglieder der kommunistischen Parteien zum letzten Einsatz für das Ziel, die Herrschaft über alle Völker der Erde zu erringen.

erste Seite < vorherige Seite   |   nächste Seite > letzte Seite