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Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Auszüge aus Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse (1817)

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unpassende Seiten zeigen. – Außerdem denn, daß die philosophische Encyklopädie 1) solche bloße Aggregate von Kenntnissen – wie z. B. die Philologie ist, ausschließt, so auch ohnehin 2) solche, welche die bloße Willkühr zu ihrem Grunde haben, wie z. B. die Heraldik; Wissenschaften dieser Art sind die durch und durch positiven. 3) Andere Wissenschaften werden auch positive genannt, welche jedoch einen rationellen Grund und Anfang haben; dieser Theil von ihnen gehört der Philosophie an; die positive Seite aber bleibt ihnen eigenthümlich. Solcher Art sind die außer der Philosophie für sich bestehenden Wissenschaften überhaupt. Die Positive derselben ist jedoch von verschiedener Art. 1) Ihr Anfang, das Wahrhaft-Wahre, hat in ihnen dadurch das Zufällige zu seinem Ende, daß sie das Allgemeine in die empirische Einzelnheit und Wirklichkeit herunterzuführen haben. In diesem Felde der Veränderlichkeit und Zufälligkeit kann nicht der Begriff, sondern [können] nur Gründe geltend gemacht werden. Die Rechtswissenschaft z. B. oder das System der directen und indirecten Abgaben, erfordern letzte genaue Entscheidungen, die außer dem An- und für sich Bestimmtseyn des Begriffes liegen, und daher eine Breite für die Bestimmung zulassen, die nach einem Grunde so und nach einem andern anders gefaßt werden kann, und keines sichern Letzten fähig ist. Ebenso verläuft sich die Idee der Natur in ihrer Vereinzelung in Zufälligkeiten, und die Naturgeschichte, Erdbeschreibung, Medicin u.s.f. geräth in Bestimmungen der Wirklichkeit, in Arten und Unterschiede, die von äusserlichem Zufall und vom Spiele, nicht durch Vernunft bestimmt sind; auch die Geschichte gehört hieher, insofern die Idee ihr Wesen, deren Erscheinung aber in der Zufälligkeit und im Felde der Willkühr ist. 2) Solche Wissenschaften sind auch insofern positiv, als sie ihre Begriffe nicht für endlich erkennen, noch den Uebergang derselben und ihrer ganzen Sphäre in eine höhere aufzeigen, sondern sie für schlechthin geltend annehmen. Mit dieser Endlichkeit der Form, wie die erste die Endlichkeit des Stoffes ist, hängt 3) die des Erkenntnißgrundes zusammen, theils indem Wissenschaften sich räsonnirend verhalten, theils aber insofern Gefühl, Glauben, Autorität anderer, überhaupt der innern oder äussern Anschauung, Erkenntnißgrund sind, wozu Religion sowie die Philosophie, welche sich auf Anthropologie, Thatsachen des Bewußtseyns, innere Anschauung oder äußere Erfahrung gründen will, – wie auch Naturgeschichte u.s.f. gehört. 4) Es kann noch seyn, daß bloß die Form der wissenschaftlichen Darstellung empirisch und begrifflos ist, aber sonst die sinnvolle Anschauung das, was nur Erscheinungen sind, so ordnet, wie die innere Folge des Begriffes ist. Es gehört dazu noch, daß durch die Entgegensetzung und Mannigfaltigkeit der zusammengestellten Erscheinungen die äusserlichen, zufälligen Umstände der Bedingungen sich aufheben, wodurch dann das Allgemeine vor den Sinn tritt. – Eine sinnige Experimental-Physik, Geschichte u.s.f. würde auf diese Weise die rationelle Wissenschaft der Natur und der menschlichen Begebenheiten und Thaten in einem äußerlichen, den Begriff abspiegelnden Bilde darstellen.

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