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Der Beitrittsbeschluss der Volkskammer (24. August 1990)

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Die lange Liste derer, denen er seinen Dank aussprach, eröffnete er mit dem früheren ungarischen Ministerpräsidenten Nemeth, der vor einem Jahr die Grenze für die Botschaftsflüchtlinge geöffnet und damit den »ersten Stein aus die Berliner Mauer« geschlagen habe. Dann dankte Kohl den Deutschen in der DDR. Ihrem Mut, ihrer Besonnenheit und ihrer Freiheitsliebe sei es zu verdanken, daß die Einheit in Freiheit in wenigen Wochen vollendet werde.

In seinen Dank schloß Kohl sodann die westlichen Partner ein, namentlich nannte er die Präsidenten Bush und Mitterrand ebenso wie die Bürgerrechtsbewegungen in Polen, Ungarn und der CSFR, vor allem aber den sowjetischen Präsidenten Gorbatschow. Durch seine Reformpolitik sei der tiefgreifende Wandel in Deutschland und Europa mit ermöglicht worden.

Besonders würdigte Kohl das Verdienst seines Vorgängers Adenauer um die nun erreichte Einheit Deutschlands. Nun erfülle sich, was Adenauer in seinen Erinnerungen so beschrieben habe. [ . . . ]

Im zweiten Teil seiner Regierungserklärung ging der Bundeskanzler auf die wirtschaftlichen Probleme in der DDR ein und wies auf zahlreiche, bisher aber wenig beachtete positive Anzeichen hin. Dazu zählte er, daß im ersten Halbjahr hunderttausend Betriebe in der DDR neu gegründet worden seien, davon 35 000 allein im Juli. Die Lebenshaltungskosten hätten im Monat Juli, dem ersten nach Schaffung der Währungsunion, bei erhöhten Löhnen und Renten um 5,5 Prozent unter dem des gleichen Vorjahresmonats gelegen.

Die derzeitige Situation sei vom Übergang von der Plan- zur Marktwirtschaft geprägt. Die Schwierigkeiten, die sich aus vierzig Jahren Mißwirtschaft ergäben, könnten nicht in acht Wochen beseitigt werden. Der Wiederaufbau der DDR sei eine Frage von Monaten und Jahren, nicht von Tagen. Der Erfolg hänge davon ab, daß an diesem Wendepunkt der deutschen Geschichte alle gemeinsam äußerste Anstrengungen unternähmen. Kohl wies darauf hin, daß allein für die ersten achtzehn Monate 57 Milliarden D-Mark für die Unterstützung des DDR-Haushalts zur Verfügung gestellt würden. Die Bundesregierung werde künftig auf schnelle Auszahlung der Gelder drängen. Auch die beschlossenen Liquiditätshilfen müßten schneller und effizienter als bisher ausgezahlt werden. Er kündigte an, die Regierung werde den Export von Agrargütern aus der DDR »zusätzlich massiv fördern«. Nochmals trat Kohl der vom SPD-Kanzlerkandidaten Lafontaine vielfach vertretenen Behauptung entgegen, die Schwierigkeiten der DDR hätten ohne die Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion vermieden werden können. Wer dies behaupte, verdränge die Erinnerung an die 300 000 Übersiedler, die von November 1989 bis Februar 1990 in die Bundesrepublik gekommen seien. Sie hätten diese Entscheidung notwendig gemacht und seien der entscheidende Grund für die Währungsunion gewesen.

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