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Staatliches Schulwesen in Preußen: Zahl der Institutionen, Lehrer und Schüler (1864-1911/13)

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II. Öffentliche höhere Schulen

Durch eine Verfügung von 1882 wurde festgelegt, daß in Zukunft ein erfolgreicher Abschluß aller neunklassigen Anstalten, auch wenn sie keinen Lateinunterricht anboten, die Berechtigung zum Studium und zur Ergreifung bestimmter höherer wissenschaftlicher und technischer Berufe gab. Dennoch brachte diese Verfügung keine Vereinheitlichung. Es gab danach die folgenden Typen höherer Lehranstalten:

I. Vollanstalten, deren Abgangszeugnis zum Studium berechtigte, freilich noch unterschieden nach Fächerkombinationen:

1. Gymnasien, mit obligatorischem Lateinunterricht und Griechischunterricht;
2. Realgymnasien, mit obligatorischem Lateinunterricht (meist ohne Griechisch), aber mit stärkerer Betonung der Naturwissenschaften;
3. Ober-Realschulen, ohne Lateinunterricht.

II. Höhere Schulen, die keine Vollanstalten waren, und deren erfolgreicher Abschluß nicht zum Studium berechtigte. Dabei handelte es sich einmal um einen siebenklassigen Typ, der als Vorbereitung für den Besuch von Vollanstalten verstanden wurde und entsprechend untergliedert war.

Einen Bildungsabschluß eigener Art (mit Abgangsprüfung und der Berechtigung zu einjährigem Militärdienst) ermöglichten überdies die höheren Bürgerschulen nach einer sechsklassigen Ausbildung (ohne Latein); sie wurden durch Verfügung des zuständigen Ministers 1892 zur Vorbereitungsanstalt der Ober-Realschulen. Dieselbe Verfügung bewirkte außerdem eine schärfere Akzentuierung der Schultypen nach Fremdsprachenkombinationen und Naturwissenschaften über die Lehrpläne.

Zu den höheren Lehranstalten wurden demnach gezählt: Gymnasien und Progymnasien, Realgymnasien, von 1859 bis 1882 Realschulen I. Ordnung (neunklassige Vollanstalten) mit Latein, Oberrealschulen, die neunklassigen Vollanstalten ohne Latein seit 1877 und Realprogymnasien, Realschulen, die vor 1882 Realschulen II. Ordnung bzw. höhere Bürgerschule genannt wurden.

Mit diesen Schulen ist das gesamte über die sogenannte mittlere Ausbildung hinausführende Schulwesen in der folgenden Tabelle erfaßt, freilich mit Ausnahme der Mädchenschulen dieses Niveaus, die aber noch im Jahre 1913 einschließlich der Privatschulen nicht mehr als 3 939 Schülerinnen hatten. Vorschüler und Vorschullehrer wurden mitgezählt.


Jahr*

Anstalten

Lehrer**

Schüler

Schüler pro
Lehrer

Schüler pro 100
Einwohner

1864

264

3 810

78 718

20,7

0,41

1871

414

5 941

119 641

20,1

0,49

1875

454

6 669

135 777

20,4

0,53

1880

493

7 502

145 575

19,4

0,53

1885

525

8 724

151 541

17,4

0,54

1890

549

156 796***

0,52

1896

576

8 365

156 472****

18,7

0,48

1900

627

8 852

176 268

19,9

0,51

1906

745

11 119

227 349

20,4

0,60

1910

824

12 549

260 019

20,7

0,65

1913

881

13 731

275 165

20,0


* Die Angaben beziehen sich jeweils auf den Stand des Wintersemesters vom angegebenen zum darauffolgenden Jahr.
** Bis 1885 Vollbeschäftigte und Hilfskräfte zusammen, ab 1896 nur vollbeschäftigte Lehrkräfte.
*** Bei Schwarz hier auf Grund eines Additionsfehlers: 166 796.
**** Schwarz (S. 226) nennt hier eine Schülerzahl von 165 060, deren Quelle unerfindlich bleibt, während 1893 die Angaben dort mit denen unserer Quelle übereinstimmen.



Quellen: Jahrbuch für die Amtliche Statistik des Preußischen Staates (1883): S. 397 (für 1864-1880); O. Schwarz, Der Staatshaushalt und die Finanzen Preußens, Bd. 2, Die Zuschußverwaltung. Berlin, 1900, S. 228 (für 1885) und S. 226 (für 1890); Statistisches Jahrbuch für den Preußischen Staat (1913): S. 416.

Abgedruckt in Gerd Hohorst, Jürgen Kocka und Gerhard A. Ritter, Sozialgeschichtliches Arbeitsbuch II, 2. Ausg. München: Beck, 1978, S. 159-60.

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