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Heimlich aufgezeichnete Unterhaltungen deutscher Kernphysiker auf Farm Hall (6./7. August 1945)

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HAHN: Es tröstet mich, als – ich glaube, es war Weizsäcker, der sagte, daß es jetzt dieses 23-Minuten-Uran gab, das ich auch in meinem Institut fand; dieser Absorptionskörper, der die Sache unmöglich machte, tröstete mich, weil ich, als sie damals sagten, man könne Bomben herstellen, völlig erschüttert war.

WEIZSÄCKER: Ich meine, daß wir es in dem Tempo, das wir damals vorlegten, während dieses Krieges nie geschafft hätten.

HAHN: Ja.

WEIZSÄCKER: Es ist ein sehr schwacher Trost, wenn man sich vorstellt, daß man persönlich in der Lage ist, etwas zu machen, was andere Leute eines Tages sowieso machen.

HAHN: Einmal wollte ich sogar den Vorschlag machen, das gesamte Uran auf den Grund des Meeres zu versenken. Ich habe immer geglaubt, man könne nur eine Bombe von solcher Größe machen, daß eine ganze Provinz in die Luft fliegen würde.

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WIRTZ: Wir hatten nur einen Mann, der daran arbeitete, und die haben vielleicht zehntausend gehabt.

[ . . . ]

HEISENBERG: Zwischen Entdeckungen und Erfindungen besteht ein himmelweiter Unterschied. Bei Entdeckungen kann man immer skeptisch sein, und es kann viele Überraschungen geben. Von Erfindungen aber können nur Leute wirklich überrascht werden, die damit nichts zu tun gehabt haben. Die Sache ist doch ein bißchen seltsam, nachdem wir fünf Jahre daran gearbeitet haben.

[ . . . ]

HARTECK: Man hätte einen umfangreichen Mitarbeiterstab haben müssen, auch standen uns nur unzureichende Mittel zur Verfügung. Man hätte Hunderte von organischen Uranverbindungen herstellen, sie dann von Laborassistenten systematisch analysieren und schließlich chemisch untersuchen lassen müssen. Es gab niemanden, der das hätte machen können. Aber es war uns natürlich klar, wie es gemacht werden mußte. Doch das würde die Einstellung von hundert Leuten bedeutet haben, und das war unmöglich.

HAHN: Aus den vielen wissenschaftlichen Dingen, die mir meine zwei amerikanischen Mitarbeiter bis 1940 schickten, konnte ich ersehen, daß die Amerikaner an der Sache interessiert waren.

WEIZSÄCKER: Van der Grinten schrieb mir 1940, daß er bei General Electric mit Isotopentrennung beschäftigt sei.

HARTECK: War van der Grinten ein guter Mann?

WEIZSÄCKER: Er war eigentlich nicht sehr gut, aber die Tatsache, daß er gebraucht wurde, zeigte, daß man daran arbeitete.

HAHN: Dieser niederträchtige Bomke war in meinem Institut.

HARTECK: Mir ist noch nie ein so phantastischer Lügner begegnet.

HAHN: Dieser Mann kam 1938 zu mir, als das nichtarische Fräulein Meitner noch da war – es war nicht leicht, sie in meinem Institut zu behalten. Ich werde nie vergessen, wie Bomke zu uns kam und mir erzählte, er werde vom Staat verfolgt, weil er kein Nazi sei. Wir stellten ihn ein, und dann entpuppte er sich als alter Kämpfer.

WEIZSÄCKER: Dann könnten wir also von unseren Bomke-geschädigten Instituten sprechen (Gelächter).

3. Alle Gäste versammelten sich, um die offizielle Meldung in den 21-Uhr-Nachrichten zu hören. Sie waren wie erschlagen, als sie erkannten, daß Hahns Mitteilung den Tatsachen entsprach. Sie wurden allein gelassen in der Annahme, sie würden jetzt über die Lage sprechen. Es fielen die folgenden Äußerungen:

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